Mit Säbelrasseln und scharfen Schüssen haben Indien und Pakistan ihren militärischen Konflikt um Kaschmir am Donnerstag weiter verschärft. Der pakistanische Präsident Pervez Musharraf warnte das Nachbarland vor einem Angriff auf Pakistan. Dieser würde Neu-Delhi schlecht bekommen. Besorgt über die Kriegsgefahr im Herzen Asiens zeigten sich am Donnerstag auch die USA und Großbritannien.
Der britische Außenminister Jack Straw warnte vor der Gefahr eines Atomkriegs zwischen Indien und Pakistan. Es müsse alles getan werden, um eine Krise zu vermeiden, sagte Straw, der in der kommenden Woche in die Region reist. Indien und Pakistan hätten kein System gegen eine nukleare Konfrontation entwickelt, sagte Straw im Rundfunksender BBC. Es gebe weder eine entsprechende Doktrin noch Kommunikationskanäle, vergleichbar denen während des Kalten Krieges, so dass das Risiko eines Atomkriegs bestehe.
USA zeigen sich besorgt
Besorgt zeigten sich auch die USA. Eine Sprecherin der US-Botschaft in Islamabad sagte am Donnerstag, Außenminister Colin Powell stehe mit der Führung beider Seiten in ständigem telefonischen Kontakt, um eine Eskalation zu vermeiden. Powell werde Anfang Juni seinen Stellvertreter Richard Armitage in die Region entsenden, um die Spannungen zu mindern.
Der indische Ministerpräsident Atal Bihari Vajpayee beriet in Kaschmir mit führenden Mitgliedern seines Kabinetts und Vertretern der Streitkräfte über die wachsenden Spannungen mit Pakistan. An dem Treffen in Srinagar, der Sommerresidenz des indischen Unionsstaates Jammu-Kaschmir, nahm neben Vajpayee auch Innenminister Lal Krishna Advani teil.
Gefechte entlang der Grenze
Indische und pakistanische Soldaten lieferten sich wieder Gefechte entlang der Grenze. Bei den jüngsten Gefechten in der Nacht zum Donnerstag wurde nach Polizeiangaben mindestens ein indischer Soldat getötet, sieben Zivilisten wurden verletzt. Schießereien wurden aus dem Grenzbezirk Hira Nagar gemeldet. Indien und Pakistan haben entlang ihrer gemeinsamen Grenze zurzeit rund eine Million Soldaten stationiert.
Am Mittwoch hatte Vajpayee sich kampfbetont gegeben und die Soldaten aufgerufen, sich auf die »entscheidende Schlacht« gegen den Feind vorzubereiten. Später nahm er die kriegerische Tonart wieder zurück und erklärte, Indien hoffe, dass es nicht zum Krieg mit Pakistan komme. Während einer Pressekonferenz am Donnerstag in Srinagar sagte Vajpayee auf die Frage eines Journalisten, es seien keine »Kriegswolken« am Himmel. Die Situation in Kaschmir bezeichnete er als ernst.