Es waren nur eine Handvoll Wochen, in denen die Welt etwas Ruhe vor dem Immobilienmann aus Mar-a-Lago hatte. Doch nach einem halben Jahr im Abseits drängelt sich der abgewählten US-Präsident Donald Trump wieder ins Rampenlicht. Oder wird dorthin geschoben: Die New Yorker Staatsanwaltschaft erhebt offenbar Klage gegen seine Firma, die Trump Organization; für die kommenden Wochen sind 17 (Enthüllungs-)Bücher über seine Amtszeit angekündigt, für die er 22 Interviews gegeben hat; und nun tingelt er wieder durchs Land auf großer Tournee, um sich seine enormen Massen an Fans warmzuhalten.
Auch wenn der Ex-Präsident sein Ziel noch nicht ausdrücklich formuliert hat, ahnen die meisten Amerikaner, worauf die Comeback-Show hinauslaufen wird: auf die Kandidatur für die Präsidentschaftswahl 2024. Wobei nach Ansicht Trumps, und mehr noch seiner Fans, er ja weiterhin das eigentliche Staatsoberhaupt ist. Schließlich sei, so die seit Monaten ventilierte Verschwörungstheorie, die Wahl vom November zugunsten von Joe Biden manipuliert worden und der alte Präsident daher auch der aktuelle Präsident. Tatsächlich aber spricht nichts für Wahlfälschung – weder Nachzählungen noch sonstige Indizien deuten auf Betrug hin.
Ex-Justizminister Barr spricht von "Bullshit"
Selbst William Barr, Ex-Justizminister und Trump lange ergeben, bezeichnete die Manipulationsvorwürfe jüngst ungewöhnlich deutlich als "Bullshit". Dennoch stößt der Wahlverlierer unverdrossen ins Horn vom "großen Wahldiebstahl", wie etwa am vergangenen Wochenende, als er im Bundesstaat Ohio seine erste Großkundgebung nach dem Ende seiner Präsidentschaft abgehalten hatte. Dort, in Wellington, war auch der CNN-Reporter Donie O'Sullivan unterwegs und hat mit Anhängern Trumps gesprochen. Was er zu hören bekam, dürfte all jene bestätigen, die schon länger vor Gewaltausbrüchen enttäuschter Trump-Anhängern warnen.

"Er kehrt bald wieder und ihr werdet untergehen", sagte etwa ein Trump-Fan namens Ron dem CNN-Journalisten. Und: "Das Militär weiß längst von dem Betrug. Er hat mit mehr als 80 Prozent gewonnen. Noch vor Mitte August wird er wieder da sein", so Ron vor laufenden Kameras. "Und was, wenn nicht?", will O'Sullivan wissen. "Dann wird es einen Bürgerkrieg geben, denn dann wird das Militär übernehmen", sagt Ron weiter, der sich als Mitglied der so genannten "Three Percenter" ausgibt.
Diese rechtsextreme Miliz war am Sturm auf das Kapitol Anfang des Jahres beteiligt, sechs Mitglieder wurden deswegen bereits angeklagt. Zwar mögen die Äußerungen einzelner Extremisten nicht besonders repräsentativ sein, doch die Stimmung unter rechten und konservativen Amerikanern wird immer mehr von Betrugs – und Machtübernahme-Verschwörungstheorien bestimmt. Mehr als die Hälfte der Wähler der Republikaner glaubt, dass die Wahl "gestohlen" wurde und Donald Trump weiterhin der rechtmäßige Präsident der Vereinigten Staaten sei.
Trump: "Werde im August wiedereingesetzt"
Besonders gerne hören es seine Anhänger, wenn Trump davon spricht, im August als US-Präsident "wiedereingesetzt" zu werden, wie er Medienberichten zufolge einer Reihe von Vertrauten gesagt haben soll. 30 Prozent der Republikaner sind Umfragen zufolge sogar bereit, dieser These zu glauben. In dem Zusammenhang würde Trumps früherer Sicherheitsberater Michael Flynn sogar einen Staatsstreich à la Myanmar "begrüßen".
Schon lange vor der Wahl hatten Trump und seine Gefolgsleute die Mär von einer "unsauberen" Abstimmung in die Welt gesetzt, um die Glaubwürdigkeit des Urnengangs zu erschüttern. Und so ging es auch nach November weiter, als die Niederlage des Amtsinhabers feststand. Bei vielen Amerikanern stößt diese Legende auf fruchtbaren Boden, denn gerade einmal zehn bis zwanzig Prozent der Bevölkerung vertraut noch der Arbeit des US-Kongresses und des politischen Systems. Nicht wenige Experten befürchten deshalb, dass die rechte politische Gewalt deutlich zunehmen könnte.
Sicher aber ist, dass Donald Trump nicht wieder als US-Präsident eingesetzt werden wird. Jedenfalls nicht auf legale Weise und solange er keine Wahl gewonnen hat. Denn so ein Vorgehen ist nirgendwo in den US-Gesetzen vorgesehen. Selbst dann nicht, wenn sich wider aller Wahrscheinlichkeiten herausstellen sollte, dass die Präsidentschaftswahl vom November tatsächlich zuungunsten Trumps manipuliert wurde.
Die "AZCentral", eine Zeitung aus Phoenix, Arizona kommentiert die Rückkehr-Träumereien mancher Konservativer kopfschüttelnd mit den Worten: "Es gibt keine Regelung in der US-Verfassung dafür, einen gewählten Präsidenten aus dem Amt zu entfernen und ihn durch jemanden zu ersetzen, der die Wahl verloren hat. So etwas passiert nicht in Demokratien. So etwas passiert in Bananenrepubliken."
Quellen: CNN, "The Hill", "AZCentral", "Vanity Fair", "The Guardian", DPA, AFP