Im zentralasiatischen Kirgistan soll die nach einem blutigen Umsturz an die Macht gekommene Übergangsregierungschefin Rosa Otunbajewa Präsidentin werden. Die Mitglieder der von ihr angeführten Regierung nominierten sie am Mittwoch für das Amt und sagten zugleich die für Oktober angekündigte Präsidentenwahl ab. Otunbajewa muss als Staatschefin noch in einem Referendum bestätigt werden, darf aber bei Neuwahlen nicht kandidieren.
Otunbajewa soll das Präsidentenamt nach dem Willen ihrer Regierung übergangsweise bis Ende 2011 übernehmen. Dies beschloss die Mehrheit der Regierungsmitglieder per Dekret. Ihre Ernennung müsse am 27. Juni noch in einem Referendum bestätigt werden, wenn das Volk parallel auch über den Entwurf einer neuen Verfassung abstimmt, teilte die Übergangsregierung mit.
"Im Oktober finden nur Parlamentswahlen statt", sagte Ischenbai Kadyrbekow, Mitglied der Verfassungskommission, der Nachrichtenagentur AFP. Werde Otunbajewa Ende Juni zur Präsidentin erklärt, solle sie das Amt der Regierungschefin vorerst weiter übernehmen - "aber mit einer Verpflichtung zur Neutralität", ergänzte er. Die 59-Jährige dürfe dann keine politische Partei unterstützen und auch nicht bei den nächsten Präsidentschaftswahlen antreten.
Die Übergangsregierung von Otunbajewa hatte nach dem Sturz von Staatschef Kurmanbek Bakijew Anfang April zunächst angekündigt, innerhalb von sechs Monaten eine Präsidentschaftswahl abhalten zu wollen. Bei den Unruhen waren 87 Menschen ums Leben gekommen; Bakijew floh ins Exil nach Weißrussland.
Die Lage in der verarmten ehemaligen Sowjetrepublik ist immer noch gespannt. Bei ethnisch motivierten Zusammenstößen zwischen Usbeken und Kirgisen wurden in der südlichen Stadt Dschalal-Abad am Mittwoch zwei Menschen getötet und 72 weitere verletzt, wie das Gesundheitsministerium mitteilte. Die Übergangsregierung verhängte für Dschalal-Abad und den benachbarten Bezirk Susak den Ausnahmezustand und ordnete eine nächtliche Ausgangssperre an.
Otunbajewa war mehrfach Außenministerin des Landes und zählte bereits bei den Revolutionen im März 2005 und im April 2009 zu den Oppositionsführern. Auch unter Bakijew hatte Otunbajewa noch einmal kurzzeitig das Amt der Außenministerin übernommen. Sie kritisierte allerdings dessen Regierungsführung und warf ihm Korruption und Vetternwirtschaft vor. Kirgistan ist für die USA von strategischer Bedeutung, da sich in dem Land die Drehscheibe für den Truppennachschub für Afghanistan befindet.