Der diesjährige Klimagipfel könnte symbolischer kaum sein: Vom 10. bis 21. November trommelt der Gastgeber Brasilien Delegierte aus knapp 200 Staaten mitten im Amazonas zusammen. Der tropische Regenwald gilt als eines der verletzlichsten Ökosysteme und damit als Spiegel von allem, was bei der globalen Klimapolitik gerade schiefläuft.
Seit dem Abkommen von Paris hat keine Klimakonferenz mehr Durchbrüche gebracht. Das 1,5-Grad-Ziel von damals gilt als gerissen und unerreichbar. Unterdessen steigen die Emissionen weiter und befeuern Umweltkatastrophen, wie Dürren, Hitzewellen, Starkregen und Überschwemmungen.
Politisch scheint ein Kipppunkt erreicht: Immer mehr Länder schrauben ihre klimapolitischen Ambitionen zurück oder wenden der internationalen Klimadiplomatie den Rücken. Prominentestes Beispiel: die USA. Kaum eine Region der Welt spiegelt diese Misere so deutlich wie der Amazonas Regenwald, der seinem Kipppunkt immer näher rückt.
Ausgerechnet hier, in der Großstadt Belém, sollen Lösungsansätze gegen die Klimakrise wachsen.
Verfolgen Sie Debatten und Ergebnisse des UN-Klimagipfels in Brasilien im stern-Blog:
Die Themen der COP30
- Nationale Klimaschutzziele (NDCs): Diese gelten bisher als völlig unzureichend. Viele Länder haben bis zum Beginn der COP30 keine Zusagen und Pläne eingereicht.
- Finanzhilfen für den Globalen Süden: Das Thema stand schon in vergangenen Jahr auf der Agenda, ist aber weiterhin ein Streitpunkt. Das auf der COP29 vereinbarte Budget für Klimaschutz und -anpassung gilt als ungenügend.
- Waldschutz: Das ist das Prestigeprojekt von Gastgeber Brasilien. Präsident Luiz Ignácio Lula da Silva will im sogenannten globalen Tropenwaldschutz-Fonds (TFFF) Geld sammeln. Davon sollen Länder profitieren, die ihre Wälder schützen. Kanzler Friedrich Merz kündigte drei Tage vor Gipfelbeginn an, einen "namhaften" deutschen Beitrag zum TFFF beizusteuern.
Deutschland bei Initiative gegen Desinformation dabei
„Seit 30 Jahren bieten Klimagipfel den Ölkonzernen eine ideale Bühne, um ihr Image aufzupolieren, Geschäfte zu machen und neue Wege zu finden, um ungestraft ihre Umweltverbrechen zu begehen.Ivonne Yanez von Accion Ecologica aus Ecuador
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Mehr als 1600 fossile Lobbyisten bei COP30 in Brasilien
Sie sind die Haupttreiber der globalen Erwärmung. Und die Industrie, die damit ihr Geld verdient, setzt alles daran, ihren Einfluss zu behalten – auch auf der Klimakonferenz. Dort sind laut einer Datenanalyse der Koalition "Kick Big Polluters Out" mindestens 1602 Lobbyisten ganz offiziell akkreditiert. Das sind etwas weniger als halb so viele, wie im vergangenen Jahr in Aserbaidschan. Trotzdem haben die Lobbyisten auch bei der COP30 mehr Zugangspässe als alle Delegationen der zehn durch die Erderwärmung verwundbarsten Staaten zusammen – der Tschad, Niger, die Salomonen, Mikronesien, Guinea-Bissau, Sudan, Somalia, Tonga sowie Sierra Leone, Somalia und Eritrea. Sie kommen zusammen nur auf 1.061 Delegierte in Belém.
Die Koalition aus Dutzenden Umwelt- und Klimaorganisationen fordert, dass die Vereinten Nationen künftig große Umweltverschmutzer von Klimagipfeln ausschließen, damit sie hinter verschlossenen Türen, auf den Gängen oder bei informellen Treffen keinen Einfluss auf die Delegierten nehmen können. Das Argument: Deren Lobbyinteressen widersprächen fundamental dem völkerrechtlichen Auftrag der Klimakonferenz, die Erderwärmung einzudämmen. Überdies müssten alle Teilnehmer verpflichtet werden, ihre Finanzquellen und potenzielle Interessenkonflikte offenzulegen, um Transparenz zu schaffen.
„Während die Staatengemeinschaft auf der COP30 in Belém um die Reduktion von CO2-Emissionen ringt, verteilt die Bundesregierung Steuer- und Preisgeschenke an die fossilen Industrien. Das Kabinett Merz blamiert sich erneut auf offener Bühne.“Deutschlands Greenpeace-Chef Martin Kaiser
„Mal wieder beweist der Kanzler sein feines Gespür für explosive Rückwärtspolitik. Den Preis dafür zahlen wir alle, direkt und im übertragenden Sinne. Das ist ein als Konsumgeschenk getarntes Steuergeschenk an die Flugindustrie.“Fridays-for-Future-Aktivistin Luisa Neubauer
Die Geldfrage ist ein leidiges Thema, das schon im vergangenen Jahr für Unruhe zwischen den Delegierten sorgte. Warum, lesen Sie hier:
Unter Lulas Vorgänger Jair Bolsonaro hatte den Raubbau im Amazonas massiv zugenommen. Unter Lula wurde die Zerstörung des für das Weltklima besonders wichtigen Regenwaldes im Amazonas deutlich zurückgefahren. Er schuf zudem ein Ministerium für den Schutz indigener Völker. Seit Beginn seiner dritten Amtszeit hat Lula 16 Indigenen-Schutzgebiete staatlich anerkannt und damit den Schutz dieser Gebiete vor Abholzung und Brandrodung verbessert.
„Ich unterstützte Präsident Lula, aber er muss uns zuhören (...). Er muss uns respektieren.“Indigenen-Anführer Raoni Metuktire
Indigener Anführer droht Lula da Silva mit "Standpauke"
„Die Klimakonferenz muss diese Wahrheit hören: Ohne lebendige Wälder und Menschen gibt es keine Rettung fürs Klima.“Aktivistin Alessandra Korap Munduruku beim People's Summit