Eine alte Frau sitzt vor den verkohlten Trümmern ihres Hauses und klagt laut. "Ich habe alles verloren. Ich besitze nur noch die Kleider an meinem Leib", jammert sie. Die 76 Jahre alte Véronique Nazadou hatte von ihrer Tochter, die im Ausland lebt, vor kurzem 2000 Dollar geschickt bekommen, ein Vermögen in dem armen Fischerviertel in Kinshasa. Der größte Teil des Geldes ist im Haus verbrannt. Der Absturz eines unbemannten Flugzeugs der EUFOR auf das Wohnhaus der alten Frau in Kinshasa ist nach Ansicht von Beobachtern "ein PR-Desaster" für die EU-Truppen im Kongo, die gekommen sind, um die Bevölkerung während der für Sonntag geplanten Wahlen zu schützen.
Von der belgischen Drohne war am Samstagvormittag nichts mehr zu sehen, die hatten Soldaten der EUFOR weggeschafft, bevor die Presse von dem Vorfall erfuhr. Blaise Nkoy, ein junger Mann aus dem Viertel, zeigte Besuchern stolz einen Scheinwerfer und ein Kameraobjektiv, die angeblich von dem Flugzeug stammen. In dem Trümmerhaufen flatterten angekohlte Blätter einer Bibel in der Landessprache Lingala.
Spuren verwischt
Die Männer der drei Familien, die ebenfalls in dem einstöckigen Gebäude von Nazadou wohnten, waren beim Fischen im Kongofluss, als die Drohne über dem Viertel kreiste. "Ich habe einen riesigen Knall gehört", berichtete Bani Katende, Mutter eines vier Wochen alten Säuglings. Sie lief aus dem Haus und ließ das Kind zurück. Kurz darauf ging das Haus in Flammen auf, Helfer konnten ihren Sohn in letzter Sekunde retten.
Vier der acht Verletzten wurden im Feldlazarett der Bundeswehr behandelt, einer wurde inzwischen mit starken Verbrennungen in ein kongolesisches Krankenhaus verlegt. Die Krankenstation, die in 20 aufblasbaren Zelten besser ausgestattet ist als manche einheimische Klinik, war eigentlich für die Versorgung von möglicherweise bei Krawallen verletzten EU-Soldaten gedacht.
Gerücht der Parteilichkeit
"Das wird es der EUFOR bei den Kongolesen noch schwerer machen", sagte ein westlicher Diplomat. In Kinshasa hatte sich in den vergangenen Wochen das Gerücht verbreitet, die europäischen Truppen seien nur hier, um Präsident Joseph Kabila zu unterstützen. "Warum kommt noch mehr Militär ins Land, wo es doch schon eine UN-Mission gibt? Gegen wen wollen sie ihre Waffen denn einsetzen?", fragten Menschen auf einer Informationsveranstaltung der EUFOR.
In den vergangenen Tagen waren Konvois der EU-Truppen mehrfach in Wahlkampfumzüge geraten und mit Steinen und Holzlatten angegriffen worden. "Die meisten Menschen hier reagieren negativ auf uns", sagte ein Bundeswehrsoldat. "Man wird ständig angemacht und steht den ganzen Tag unter Spannung."
Der Unfall, dessen Ursache noch geklärt werden muss, wird wohl kaum dazu beitragen, das Verhältnis der EU-Truppen zur einheimischen Bevölkerung zu verbessern. EUFOR kündigte eine angemessene Entschädigung der Opfer an, doch das kann dauern. Die alte Frau, die verzweifelt vor dem Trümmerhaufen saß, schlug sich immer wieder mit der flachen Hand auf den Bauch und schrie: "Ich habe Hunger, und ich habe kein Geld mehr, um mir etwas zu essen zu kaufen."
Ulrike Koltermann/DPA