Der Gouverneur der nordafghanischen Stadt Kunduz, Mohammed Omar, hat in einer Pressekonferenz die Festnahme des Taliban-Kommandeurs der Provinz, Mullah Salam, bestätigt. Wie amerikanische Medien bereits zuvor gemeldet hatten, wurde der seit Jahren gesuchte Schattengouverneur der von deutschen Soldaten kontrollierten Provinz bereits letzte Woche von pakistanischen Sicherheitskräften im Norden Pakistans verhaftet.
Druck der USA zeigt Wirkung
Damit ist zum ersten Mal ein hochrangiger Talibanführer aus dem Norden gefasst worden, nachdem mehrere Versuche unter Führung der Bundeswehr, darunter auch der KSK und des afghanischen Geheimdienstes in den vergangenen Jahren gescheitert waren, Salam festzusetzen. Der Mittdreißiger wird für den Selbstmordanschlag auf eine deutsche Patrouille im Mai 2007 und zahlreiche Anschläge mit Sprengfallen auf deutsche Patrouillen verantwortlich gemacht und wurde von den USA auf ihrer "High Value Target"-Liste geführt. Salam ist bereits der zweite Talibanführer binnen weniger Tage, der in Pakistan verhaftet wurde, nachdem die Nr. 2 der afghanischen Taliban, Mullah Baradar, in Karachi verhaftet wurde.
Diese beiden Festnahmen in kurzer Zeit deuten darauf hin, dass sich die Haltung des pakistanischen Geheimdienstes auch zu den afghanischen Taliban geändert hat - wurden die Kämpfer aus dem Nachbarland bislang geduldet und sogar gefördert, so scheint man in Islamabad nun dem immensen Druck vor allem der USA etwas nachzugeben.
Die Bundeswehr im Visier
Eigentlich ein großer Erfolg auch für die Bundeswehr, die vor allem seit vergangenem Jahr immer mehr unter Druck der erstarkenden Taliban in Kunduz geraten sind. Dennoch scheint man dort über die neuesten Entwicklungen nicht nur glücklich zu sein, wie sich schon an den Reaktionen auf die Pressekonferenz Gouverneur Omars zeigte. Der hatte in markigen Wortgen angekündigt, nun werde es groß angelegte Militäroperationen gegen die Taliban auch im Norden geben: "Die ist ihre letzte Chance zu Atmen, bevor sie aus ihren Gegenden vertrieben werden." Das Verteidigungsministerium in Berlin wiegelte ab, so groß würden diese Operationen gar nicht.
Denn was Omar anpreist, ist der US-amerikanische Aufmarsch im deutschen Einsatzbereich: 4500 US-Soldaten, mehrere Dutzend Kampfhubschrauber (die Bundeswehr hat dort keinen einzigen) werden nach Norden verlegt. Bereits jetzt sind US-Spezialeinheiten in Kooperation mit afghanischen Milizen rund um Kunduz unterwegs und informieren die Bundeswehr bestenfalls kurz vorher über ihre Operationen. Omar hatte schon vor Wochen die Bundeswehr-Präsenz in der Provinz Kundus als "wirkungslos" bezeichnet und im Interview mit dem stern zu "Luftschlägen wie dem vom 4. September jede Woche" aufgefordert: "Dann hätten wir hier Ruhe."
Somit wird die Rolle der Bundeswehr im Norden zusehends unklarer. Während Omar und US-Militärs bekannt gaben, dass vor Tagen der lokale Taliban-Führer und Logistiker Kari Haziullah getötet worden sei.