Die Nato hat Russland um eine Klarstellung der Äußerungen von Präsident Wladimir Putin zum Abrüstungsvertrag über konventionelle Streitkräfte in Europa gebeten. Bei dem Treffen mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow sei der Eindruck entstanden, der Vertrag sei bereits ausgesetzt, sagte Nato-Sprecher James Appathurai in Oslo. Ein Kreml-Sprecher in Moskau erklärte indes, das von Putin angedrohte Moratorium des KSE-Vertrags sei noch nicht in Kraft.
Stichwort KSE-Vertrag
Der Vertrag über konventionelle Streitkräfte in Europa (KSE) regelt die Aufstellung von Truppen und schweren konventionellen Waffen wie Militärflugzeugen und Panzern. Für das gesamte Geltungsgebiet zwischen Atlantik und Ural wurden deshalb Obergrenzen für deren Stationierung festgelegt. Das Abkommen wurde 1990 zwischen den Nato-Staaten und Mitgliedern des Warschauer Paktes geschlossen. Nach dem Zerfall der Sowjetunion wurde der Vertrag 1999 der neuen Sicherheitslage angepasst. Moskau hat die Neufassung bereits vor drei Jahren ratifiziert. Die USA und weitere NATO-Mitglieder machen ihre Ratifizierung jedoch von einem russischen Truppenabzug aus den früheren Sowjetrepubliken Georgien und Moldawien abhängig.
Nato-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer hatte nach dem Treffen mit Lawrow gesagt, der Vertrag sei bereits ausgesetzt: "Wir haben ein De-Facto-Moratorium durch Russland." Lawrow selbst sagte anschließend in einer Pressekonferenz, dies bedeute, "dass wir die Verpflichtungen nach dem Vertrag auf Eis legen". Appathurai erklärte, nach dem Gespräch mit Lawrow sei davon auszugehen gewesen, der Vertrag sei bereits suspendiert: "Ich glaube, alle haben den Raum unter dem Eindruck verlassen, dass Russland die Entscheidung bereits getroffen hatte." Spätere Äußerungen aus dem Kreml hätten dies aber wieder in Frage gestellt. Kreml-Sprecher Dimitri Peskow sagte der Nachrichtenagentur AP in Moskau, Russland hoffe noch auf eine Verständigung mit der Nato. Wenn dabei kein Fortschritt erzielt werde, würden russische Juristen mit der Ausarbeitung eines Mechanismus beginnen, um das Moratorium förmlich in Kraft zu setzen.
Die Bundesregierung hat auf die Aussagen des russischen Präsidenten Wladimir Putin zu einer möglichen Aussetzung des KSE-Rüstungskontrollvertrags durch sein Land betont gelassen reagiert. Der stellvertretende Regierungssprecher Thomas Steg sagte zwar, dass aus Sicht von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) "Drohnungen nicht weiterhelfen". Gleichzeitig soll aber mit Moskau weiter in einem Klima des Vertrauens der Dialog zu allen Fragen weitergeführt werden. Steg verwies darauf, dass sich Merkel mit Putin Mitte Mai in Samara in Russland zu EU-Russland- Konsultationen treffen werde.