Die USA haben erstmals Verständnis für mögliche begrenzte türkische Militäraktionen gegen kurdische Rebellen im Nordirak gezeigt. Nach der Verschleppung von acht Soldaten durch Kämpfer der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK in den Irak hätten die Türken "das Recht, dorthin zu gehen und sie zu suchen", sagte die Sprecherin des Weißen Hauses, Dana Perino, in Washington. Zugleich rief sie die Türkei jedoch zur Mäßigung auf. "Wir hoffen aber, dass sie sich zurückhalten und sich auf begrenzte Aktionen beschränken." Bisher hatte Washington stets ohne Einschränkungen vor Militäraktionen der türkischen Armee im Irak gewarnt.
Politik und Militär in der Türkei haben den Nationalfeiertag am Montag zu einer massiven Demonstration militärischer Stärke und Kampfansage an die kurdischen Rebellen genutzt. In Ankara fuhren dutzende Panzer, Haubitzen und andere Panzerfahrzeuge durch die Straßen, über die Köpfe von Zuschauern, Staats- und Armeeführung donnerten Kampfflugzeuge hinweg. Präsident Abdullah Gül kündigte an, den Kampf gegen die kurdischen Rebellen zu intensivieren. "Der Kampf gegen diesen terroristischen Fluch, den wir seit vielen Jahren führen, wird nun mit noch größerer Entschlossenheit geführt", sagte er. Auch in anderen Städten des Landes gab es patriotische Kundgebungen mit Fahnen schwenkenden Kindern, die teils in Soldatenuniformen gesteckt waren. In Diyarbakir, der größten Stadt im vorrangig von Kurden bewohnten Südosten der Türkei, riefen Regierungsanhänger: "Märtyrer sterben nicht" und "Das Land kann nicht geteilt werden".
ZWei türkische Soldaten getötet
Eine Woche nach dem tödlichen Angriff der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK auf einen Posten der türkischen Armee haben Soldaten an der Grenze zum Irak 100 PKK-Kämpfer eingekreist. Die bewaffneten Kurden seien in dem Berggebiet Ikiyaka in der südöstlichen Provinz Hakkari umstellt und hätten sich in Höhlen zurückgezogen, berichteten türkische Medien. Soldaten hätten alle möglichen Übergänge in den Irak abgeriegelt und griffen am Boden sowie aus Hubschraubern an. Bei Einsätzen gegen die auch von der EU und den USA als Terrororganisation eingestufte PKK wurden zwei Soldaten getötet.
Während ein Soldat in dem Krisengebiet im Südosten des Landes starb, wurde ein Offizier bei den Einsätzen der Armee im Osten des Landes getötet. Eine von Kurden gelegte Mine sei dort explodiert und habe den Mann in der Nacht zum Montag in der Provinz Tunceli tödlich verletzt, berichtete der Fernsehsender CNN Türk. Die türkische Armee hat in dem Gebiet mehr als 5000 Mann im Einsatz, die von Kampfhubschraubern unterstützt werden. Am Vortag hatte die Armee nach eigenen Angaben 15 PKK-Kämpfer getötet.
Ministerpräsident ruft zu friedlicher Lösung auf
Ankara wirft den USA vor, nichts gegen PKK-Lager im Nordirak zu unternehmen. Die Kurden-Organisation nutze diese als Ausgangspunkt für Angriffe in der Türkei. Daher droht die Türkei mit einem Militäreinsatz im Nordirak. Der Ministerpräsident des dortigen autonomen Kurdengebietes, Nechirvan Barsani, sagte dazu, PKK-Angriffe aus dem Irak auf die Türkei sollten unterbunden werden. Er rief die Türkei zu einer friedlichen Lösung auf.
Nach Ansicht des Vizepräsidenten des kurdischen Autonomieparlaments im Nordirak, Kamal Kirkuki, richten sich die Militärpläne der Türkei nicht nur gegen die PKK-Kämpfer. "Es gibt noch einen zweiten Grund: Ihnen gefällt das demokratische Experiment der Kurden im Irak nicht", sagte Kirkuki am Sonntagabend im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur in Erbil, der Hauptstadt des Autonomiegebietes. Kirkuki, der früher zu den Kämpfern (Peschmerga) der Demokratischen Partei Kurdistans (KDP) von Massud Barsani gehörte, sagte, er befürworte eine friedliche Lösung des Problems.
Einigungsversuch scheitert
Bislang seien aber alle Versuche der Regierung in Bagdad gescheitert, eine Einigung mit Ankara zu erreichen, sagte er. So hätten die Iraker vorgeschlagen, irakische Soldaten und Peschmerga in großer Zahl entlang der irakisch-türkischen Grenze zu stationieren, um PKK-Angriffe von irakischem Staatsgebiet aus zu verhindern. Die türkische Seite habe diesen Vorschlag aber mit der Begründung abgelehnt, dessen Verwirklichung brauche zu viel Zeit.