Marine Le Pen ist eine fleißige Politikerin und schon lange im Geschäft. Alles, was sie derzeit tut, dient nur einem Ziel: Im Jahr 2027 will sie als Präsidentin in den Élysée-Palast einziehen. Sie ist die einzige Kandidatin, die – wenn nichts Ungeplantes dazwischenkommt – bereits feststeht und sich folglich im Dauerwahlkampf befindet. Dass mit ihr in Frankreich die Rechtsextremen an die Macht kommen, gilt zwar immer noch als wenig wahrscheinlich. Aber eben nicht länger als unmöglich. Das ist ihr großer Erfolg.
Seit Jahrzehnten bemüht sich Marine Le Pen, ihren "Rassemblement National" (RN) reinzuwaschen und als wählbare rechtsnationale Kraft zu positionieren. Ein deutscher AfD-Querulant wie Maximilian Krah, der die SS verharmlost, passt nicht zu dieser Strategie. Zu deutlich führt er vor Augen, wer die wahren Gesinnungsgenossen des RN sind. Darum kommt es nun zum Bruch mit Deutschlands Rechtsextremen.
Partei von Marine Le Pen wurde von ehemaligen SS-Mitgliedern gegründet
Bei dem Distanzierungstheater spielt auch der Zeitpunkt eine Rolle. Am 6. Juni jährt sich der D-Day und eine Reihe großer Gedenkfeierlichkeiten steht bevor: Vor achtzig Jahren wurde Frankreich von Nazi-Deutschland und seinen Kollaborateuren befreit. Ein unschönes Jubiläum für die Le Pen-Isten, denn es erinnert auch an die Ursprünge ihrer Partei: Ehemalige Mitglieder der Waffen-SS, Faschisten und Nationalisten unterschiedlichster Couleur hatten einst in Marine Le Pens Vater, dem Antisemiten Jean-Marie Le Pen, eine kompatible Führungsfigur gefunden und den Front National gegründet.
Für den RN sind die Europäische Union und das EU-Parlament heute keine vorrangigen Themen. Es geht einzig darum, wie die Partei innerhalb Frankreichs wahrgenommen wird. Darum wäre man gerne näher an der erfolgreichen Giorgia Meloni und ihrer Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR), und nicht bei der Gruppe Identität und Demokratie (ID), in der auch die unflätig pöbelnde AfD sitzt.
Rechtsradikale bleiben Rechtsradikale – egal, wie sie sich selber nennen
Marine Le Pen will nicht mehr Rechtsextreme genannt werden. Sie will das Erbe ihrer Partei aus dem Gedächtnis löschen. Sie nennt ihre Politik „national-konservativ“. Ihren Aufstieg verdankt sie jedoch ehemaligen Anführern gewalttätiger rechtsextremer Gruppen. Bis vor Kurzem waren sie und ihre Partei mit diesen Kreisen auch geschäftlich verbunden. Alles vorbei, behauptet Marine Le Pen. Sie ist inzwischen sehr geübt darin, sich rhetorisch aus dem ideologischen Schlick ihrer Partei herauszuwinden.
Dabei ist die Sache eigentlich ganz einfach: Rechtsradikale bleiben Rechtsradikale. Egal, wie sie sich selbst nennen.