Aus Protest gegen die marokkanische Besetzung der Mittelmeer-Insel Perejil hat Spanien seinen Botschafter, Fernando Arias-Salgado, mit sofortiger Wirkung aus Rabat abberufen. Die Maßnahme gelte für unbestimmte Zeit und sei die Reaktion auf die vergeblichen diplomatischen Versuche, Marokko zum Abzug seiner Soldaten von dem Eiland zu bewegen, teilte das Außenministerium in der Nacht zum Mittwoch in Madrid mit. Die Antwort aus Rabat auf eine entsprechende Protestnote von vergangener Woche sei »nicht zufrieden stellend« gewesen.
Lösung auf diplomatischem Wege
Wenige Stunden vor der Ankündigung hatten die Außenminister beider Länder, Ana Palacio und Mohammed Benaissa, sich in einem Telefonat darauf verständigt, die Krise auf diplomatischem Wege zu lösen. In dem Gespräch habe es einen »offenen Meinungsaustausch« gegeben, hieß es.
Disput um illegale Einwanderung
Marokko hatte seinen Botschafter in Madrid bereits vor neun Monaten abgezogen. Das nordafrikanische Land reagierte damit auf einen Disput um illegale Einwanderung und die Haltung Spaniens im Westsahara-Konflikt. Spanien hatte Marokko damals vorgeworfen, zu wenig gegen die Immigranten zu tun, die nahezu täglich illegal nach Spanien gelangen. Rabat beschuldigte die einstige Kolonialmacht Spanien wiederum, die Befreiungsfront Polisario zu unterstützen und sich für ein Referendum zur Unabhängigkeit der Westsahara stark zu machen.
Sofortiger Abzug gefordert
Das von beiden Ländern beanspruchte Eiland Perejil, das in Marokko »Leila« heißt, war am vergangenen Donnerstag von zwölf marokkanischen Soldaten besetzt worden. Ebenso wie Spanien haben auch die NATO und die Europäische Union (EU) in Brüssel sich in den Streit eingeschaltet und Marokko aufgefordert, die Soldaten abzuziehen.
Sechstes spanisches Kriegsschiff entsendet
Spanien hatte am Dienstag die Entsendung eines sechsten Kriegsschiffes in die Meerenge von Gibraltar angekündigt. Damit solle der Schutz der 130 000 Einwohner der spanischen Nordafrika-Exklaven Ceuta und Melilla verstärkt werden, sagte Verteidigungsminister Federico Trillo. Nach unbestätigten Berichten soll Marokko seinerseits auf dem Festland vor der Insel rund 100 Soldaten postiert haben.
Luftabwehr-Batterie
In Ceuta, das wenige Kilometer von Perejil (Petersilie) entfernt liegt, wurde zudem eine Luftabwehr-Batterie installiert, wie die Presse berichtete. Überdies sei die Legion, eine Elite-Einheit der spanischen Armee, kaserniert worden. Ceuta und Melilla gehören seit 500 Jahren zu Spanien, werden aber seit jeher von Marokko beansprucht.
Rabat wolle mit dem Disput keine neue Debatte über die Souveränität von Ceuta und Melilla entfachen, hieß es in einer Note an die Regierung in Madrid. Darin bekräftigte Benaissa Stunden vor dem Telefonat mit Palacio, dass sein Land sich nicht von der Insel zurückziehen werde. Der Felsen sei marokkanisch. Er liegt 200 Meter vor der Küste in Hoheitsgewässern Marokkos.
Stillschweigendes Abkommen
Spanien hat zwar eingeräumt, dass die Souveränität über die Insel unklar ist. Rabat habe aber ein stillschweigendes Abkommen aus den 60er Jahren verletzt, wonach keines der beiden Länder das Felseninselchen dauerhaft militärisch besetzen darf. Marokko müsse seine Soldaten deshalb abziehen und damit den alten »Status quo« wiederherstellen. Zeugen berichteten, inzwischen habe Rabat seine Militärpräsenz auf der Insel von zwölf auf nur mehr sechs Soldaten reduziert, was Beobachter als ein hoffnungsvolles Zeichen für eine eventuelle Bereitschaft Marokkos zum Einlenken werteten.