Zwischen Japan und Russland ist es wegen eines alten Territorialstreits zu neuer Verstimmung gekommen. Auslöser war am Montag ein überraschender Besuch von Kremlchef Dmitri Medwedew auf einer der zwischen Russland und Japan seit langem umstrittenen Südkurilen-Inseln. Der Disput erfolgt zu einer Zeit, da ein anderer Inselkonflikt auch Japans Verhältnis zu China belastet.
Nach Angaben der russischen Nachrichtenagentur Itar-Tass landete Medwedew mit seiner Präsidentenmaschine zu einem eintägigen Kurzbesuch auf dem Rückflug von Hanoi (Vietnam) auf der Insel Kunashiri. Tokio protestierte umgehend. Außenminister Seiji Maehara bestellte den russischen Botschafter in Tokio ein.
Seit Jahrzehnten fordert Tokio die Rückgabe der vier südlichen Inseln, die sowjetische Truppen im Zweiten Weltkrieg besetzt hatten. Wegen des Streits um die Südkurilen haben Russland und Japan bis heute keinen Friedensvertrag unterzeichnet. Medwedew ist der erste russische Führer, der die Inseln besuchte. In Japan werden sie nördliche Territorien genannt. Wirtschaftlich ist die zwischen der russischen Halbinsel Kamtschatka und der japanischen Insel Hokkaido gelegene Gegend wegen Bodenschätzen und des Fischreichtums begehrt.
Medienberichten zufolge besichtigte Medwedew auf Kunashiri ein geothermisches Kraftwerk und eine Fischverarbeitungsfabrik. Dabei soll er seine Absicht deutlich gemacht haben, in die weitere Entwicklung der Region zu investieren. Damit habe er unterstrichen, dass Moskau die Inseln als eigenes Territorium ansehe, hieß es. Tokio hatte zuvor gewarnt, dass ein solcher Besuch den bilateralen Beziehungen schade. Premier Naoto Kan nannte den Besuch Medwedews vor einem Parlamentsausschuss "äußerst bedauerlich". Er bekräftigte, die Insel-Gruppe gehöre zu Japan. Der Besuch habe die Gefühle der japanischen Öffentlichkeit verletzt, sagte Außenminister Maehara.
Der chinesisch-japanische Streit um die auf Japanisch Senkaku und auf Chinesisch Diaoyu genannten Inseln nordöstlich von Taiwan war im September neu aufgeflammt. Die japanische Küstenwache hatte ein chinesisches Fischerboot aufgebracht, wobei es zu einer Kollision gekommen war. Chinas Premier Wen Jiabao und der japanische Regierungschef Kan wollten sich beim Ostasien-Gipfel in Hanoi aussprechen, doch sagte China das aus Ärger über Äußerungen des japanischen Außenministers kurzfristig ab. Schließlich tauschten die beiden sich lediglich für zehn Minuten aus.