Naher Osten Ein bisschen Frieden

Neue Töne aus Nahost: Seit einigen Stunden schweigen die Waffen zwischen Israelis und Hamas. Mit der Waffenruhe, dem Willen Israels, mit Libanon und Syrien zu verhandeln, könnte für die ganze Region ein neues Kapitel beginnen, sagte der syrische Außenminister jetzt.

Im Nahen Osten ruhen vorerst die Waffen. Am Donnerstagmorgen ist eine sechsmonatige Feuerpause zwischen Israel und der Hamas in Kraft getreten. Laut des Abkommens soll Israel die Blockade des von den Islamisten kontrollierten Gazastreifens bald lockern. Wie prekär die Lage zwischen den beiden Konfliktparteien ist, wurde kurz vor In-Kraft-Treten der Waffenruhe abermals deutlich. Noch am Mittwoch wurden zahlreiche Raketen aus dem Autonomiegebiet auf israelisches Territorium abgeschossen.

Israel wiederum flog Luftangriffe zur Vergeltung. Dabei wurde ein Hamas-Aktivist getötet. Wenige Minuten nach dem offiziellen Beginn der Waffenruhe feuerte die israelische Marine nach palästinensischen Angaben noch vier Mörser auf die Küste von Gaza ab. Die Geschosse seien jedoch ins Meer gefallen. Die israelischen Streitkräften erklärten, es habe sich um Warnschüsse gehandelt, weil palästinensische Fischerboote in israelische Gewässer eingedrungen seien. Im weiteren Verlauf des Vormittags gab es dann keine weiteren Berichte über Zwischenfälle.

Wie lange dauert die Waffenruhe

Israels Regierungschef Ehud Olmert allerdings befürchtet, dass die Waffenruhe nur von kurzer Dauer sein könnte, wie er jetzt sagte. Optimistischer dagegen, der Hamburger Nahost-Experte Robert Kappel: Seiner Ansicht nach könnte die Feuerpause länger anhalten. "Beide Seiten sind daran interessiert, die Vereinbarungen einzuhalten", sagte der Präsident des Hamburger Leibniz-Institut für Globale und Regionale Studien (GIGA) der Nachrichtenagentur DPA. Die Hamas gerate wegen der wirtschaftlichen Misere im Gazastreifen zunehmend unter Druck, und Israel wolle weitere Raketen auf seine Siedlungen verhindern. Einen dauerhaften Frieden könne es jedoch nicht geben, solange die radikale Palästinenserorganisation Israel nicht offiziell anerkenne und Waffengewalt ablehne, so Kappel weiter.

Zuletzt hatte die Hamas im April 2007 eine fünfmonatige Waffenruhe gebrochen und Israel vom Gazastreifen aus mit Raketen und Granaten beschossen. Seit dem wurden bei palästinensischen Angriffen sieben Israelis getötet. Bei israelischen Militäraktionen im Autonomiegebiet kamen mehr als 400 Palästinenser ums Leben.

Zu direkten Gesprächen mit Syrien bereit

Israel strebt zurzeit eine Beruhigung der instabilen Lage an all seinen Grenzen an. Nach dem Waffenstillstandsabkommen mit der Hamas im Süden bot die Regierung auch dem Libanon im Norden Friedensgespräche an - die libanesische Führung hingegen wies das Angebot zurück. Es sei kein Platz für bilaterale Verhandlungen zwischen dem Libanon und Israel, so ein Mitarbeiter des libanesischen Regierungschefs Fuad Siniora.

Ein Dialog wurde auch mit Syrien bereits eingeleitet, außerdem steht offenbar ein Gefangenenaustausch mit Hisbollah-Kämpfern im Libanon bevor. Ehud Olmert sagte im Interview der Pariser Zeitung "Le Figaro", er sei zu direkten Friedensverhandlungen mit dem syrischen Präsidenten Baschar al Assad bereit. Die Möglichkeit könnte sich am Rande des EU-Mittelmeer-Gipfels am 13. Juli ergeben, wenn beide Politiker in Paris seien. "Wenn wir uns mit Syrien auf die präzise Agenda geeinigt haben, wird es Zeit für den Start direkter Kontakte", so Olmert.

Die syrische Führung glaubt angesichts der Waffenruhe, dass in Nahost nun ein neues Kapitel beginne. Die Feuerpause, die indirekten Friedensverhandlungen zwischen Syrien und Israel sowie die Einigung zwischen der pro-westlichen Parlamentsmehrheit und der von Syrien unterstützten Opposition in Beirut seien Teil eines "Gesamtpaketes", die man nicht isoliert betrachten dürfe, sagte Außenminister Walid al Muallim. In einem Interview mit der arabischen Zeitung "al Sharq al Awsat" sagte er weiter, es sei schwierig, die Phase der direkten Gespräche zu beginnen, solange die grundlegenden Elemente des Abkommens noch nicht feststehen". Syrien fordert von Israel eine Rückgabe der Golanhöhen, die Israel im Sechs-Tage-Krieg von 1967 erobert und später annektiert hat.

Die israelischen Streitkräfte beschlagnahmten unterdessen ein Gebiet im Norden des Westjordanlands für den Bau eines Stützpunkts. Nach palästinensischen Angaben handelt es sich um 37 Hektar im Bezirk Tubas. Betroffen seien davon mindestens zwölf palästinensische Familien. Die israelische Regierung hat versprochen, kein Land mehr für den Bau von jüdischen Siedlungen im Westjordanland zu beschlagnahmen. Die Zusage gilt aber nicht für die Streitkräfte. Diese bieten den Betroffenen in der Regel eine Entschädigung an, was aber nur wenige Palästinenser annehmen, weil sie dies als Einverständnis mit der Aktion betrachten würden.

Der Ausbau israelischer Siedlungen im Westjordanland wurde jüngst US-Außenministerin Condoleezza Rice scharf kritisiert. Die israelische Siedlungspolitik auf palästinensischem Gebiet gilt als einer der Hauptgründe für den Konflikt. Olmert sagte in dem Interview dazu, dass für den Fall einer Übereinkunft zwischen den Parteien, alles den Palästinensern zufällt, was auf palästinensischem Gebiet liege - auch wenn es von Israelis gebaut worden sei.

AP
nik mit DPA/AP