Auch in der Nacht zum Dienstag haben israelische Kampfflugzeuge ihre Angriffe auf Ziele im Libanon fortgesetzt. Nach Angaben israelischer Medien wurden nach Mitternacht (Ortszeit) erneut die südlichen Vororte der libanesischen Hauptstadt Beirut beschossen. Angaben über mögliche Opfer lagen zunächst nicht vor. Zuvor hatte die radikal-islamische Hisbollah-Miliz vom Libanon aus erneut Raketen auf den Norden Israels abgefeuert. Geschosse schlugen unter anderem in der Grenzstadt Kirjat Schmona und dem Ort Safed ein. Fünf Menschen wurden verletzt.
Der US-Sender CNN zeigte in der Nacht Fernsehbilder von den Luftangriffen auf Beirut, auf denen heftige Explosionen zu sehen waren. Wie es hieß, sei auch ein Stützpunkt der libanesischen Armee rund 20 Kilometer nordöstlich der Hauptstadt angegriffen worden. Bereits am Montagabend waren nach Berichten des libanesischen Hisbollah-Senders Al Manar bei einem israelischen Angriff auf eine Ortschaft im Süden Libanons 13 Menschen getötet worden. Zunächst war nur von sechs Getöteten berichtet worden.
Olmert spricht von "Akt der Selbstverteidigung"
Der israelische Ministerpräsident Ehud Olmert hatte am Montagabend im Parlament in Jerusalem angekündigt, die Offensive im Libanon so lange fortzusetzen, bis die radikalislamische Hisbollah keine Bedrohung für das Land mehr darstellt. Die Militäroperation "Gerechter Preis" sei ein "Akt der Selbstverteidigung in seiner wesentlichsten Natur", sagte Olmert. Er betonte, Israel werde "niemals sein Einverständnis dazu geben, im Schatten der auf seine Bürger gerichteten Raketen zu leben". Hisbollah und die palästinensische Hamas seien "Vertragspartner der von Teheran nach Damaskus reichenden Achse des Bösen".
Israels Militär schließt ausdrücklich eine groß angelegte Bodenoffensive im Libanon nicht aus. "Die Armee hat viele Möglichkeiten um vorzugehen", sagte der Vize-Oberkommandeur des Heeres, Mosche Kaplinski, im israelischen Hörfunk. Zwar gehe man im Moment nicht davon aus, dass der Einsatz von Bodentruppen nötig sein werde. "Aber wenn wir das tun müssen, werden wir es tun. Wir schließen es nicht aus."
Eine deutliche Mehrheit der Israelis unterstützt die Angriffe im Libanon. Nach einer Umfrage der Zeitung "Jedioth Ahronoth" halten 86 Prozent das Vorgehen des israelischen Militärs für gerechtfertigt. 58 Prozent sind der Ansicht, dass die Offensive fortgesetzt werden sollte, bis Hisbollah-Chef Sajjed Hassan Nasrallah von der Armee getötet wurde. 17 Prozent der Befragten waren der Meinung, dass die Kämpfe gestoppt und Verhandlungen aufgenommen werden sollten. Mit der Führung von Ministerpräsident Ehud Olmert zeigten sich 78 Prozent zufrieden.
Sicherheitsrat diskutiert Friedenstruppe
Angesichts der ausufernden Gewalt mahnte der Weltsicherheitsrat am Montag die Respektierung der libanesischen Souveränität an. Die Umsetzung der 2004 verabschiedeten UN-Resolution 1559 sei entscheidend, sagte der französische UN-Botschafter Jean-Marc de La Sablière vor Journalisten. Die Resolution sehe unter anderem die volle Autorität der libanesischen Regierung über ihr Territorium, die Entwaffnung der Hisbollah-Miliz und das Ende der Gewalt entlang der Grenze zu Israel vor, so Sablière.
"Im Sicherheitsrat besteht die Bereitschaft, an einer dauerhaften, zukunftsfähigen Lösung für den Nahen Osten zu arbeiten", sagte der französische Diplomat und derzeitige Vorsitzende des Sicherheitsrats. Zu der Bildung einer UN-Friedenstruppe im Nahen Osten, wie sie am Wochenende von UN-Generalsekretär Kofi Annan beim G8-Gipfel in St. Petersburg vorgeschlagen worden war, sagte Sablière, der UN-Sicherheitsrat brauche dazu noch mehr Informationen. Bisher sei die Bildung einer internationalen Truppe nur eine Idee.
Libanon enttäuscht vom Sicherheitsrat
Der diplomatische Vertreter Libanons bei den UN, Nouhad Mahmoud, zeigte sich erneut enttäuscht über das Schweigen des Sicherheitsrats zu den israelischen Bombenangriffen. "Diese Gewalt ist zwecklos und absurd. Es gibt keine Lösung durch Zerstörung", sagte der Diplomat. Er sehe nicht, wie die Zerstörung eines ganzen Landes einen Konflikt lösen könne.
Der Iran kündigte an, "umfassende Pläne" zur Lösung der Krise unterstützen zu wollen. Solche Lösungswege müssten aber "die legitimen Forderungen des (libanesischen) Volkes und des Widerstandes (der Hisbollah) berücksichtigen", sagte Außenminister Manuchehr Mottaki am frühen Dienstagmorgen in Teheran nach seiner Rückkehr aus Syrien, wo er auch mit Präsident Bashar Assad zusammengetroffen war. Der Iran stehe mit "verschiedenen Parteien" in Verbindung, um eine "angemessene Vorgehensweise" bei der Lösung der Krise zu finden. Dabei müsse auch eine "Waffenruhe und der Austausch von Geiseln mit Israel in Betracht gezogen werden".
Rice will in den Nahen Osten reisen
Nach Angaben der US-Regierung wird Außenministerin Condoleezza Rice in den Nahen Osten reisen, um zu helfen, den Konflikt zu entschärfen. US-Außenamtssprecher Sean McCormack nannte am Montag jedoch keinen konkreten Zeitpunkt für die Reise. Rice wolle sich erst von einem UN-Team unterrichten lassen, das zurzeit die Lage vor Ort einschätzt, sagte McCormack. Ziel der Reise werde es sein, eine "dauerhafte Einstellung der Gewalt" zu erreichen.