Bei der größten israelischen Offensive im Gazastreifen seit Beginn des Palästinenseraufstands vor vier Jahren sind mindestens 18 Palästinenser getötet worden. Bei Gefechten im Flüchtlingslager Rafah wurden am Dienstag nach palästinensischen Krankenhausangaben mehr als 50 Menschen zum Teil schwer verletzt. Die "Operation Regenbogen" wurde international scharf kritisiert. Ein Sprecher des Palästinenserpräsidenten Jassir Arafat sprach von einer "humanitären Katastrophe". Israel rechtfertigte den Einsatz als Kampf gegen gefährlichen Waffenschmuggel an der Grenze zu Ägypten.
Tausende flohen aus ihren Häusern
Dutzende israelischer Panzer und Truppentransporter drangen kurz nach Mitternacht in das Lager ein. Dabei seien sie aus der Luft von Kampfhubschraubern unterstützt worden, berichteten Augenzeugen. Die Truppen begannen den Berichten zufolge mit der Zerstörung von Gebäuden im Grenzbereich zu Ägypten. Es sei zu heftigen Gefechten mit militanten Einwohnern gekommen, von denen mehrere bei Raketenangriffen aus Hubschraubern zu Tode kamen. Tausende von Palästinensern flohen wegen der Kämpfe aus ihren Häusern. Am Vortag hatte die Armee Rafah in Vorbereitung der Offensive mit Sperren von der Außenwelt abgeschnitten.
Nach Angaben palästinensischer Ärzte hinderte die Armee Krankenwagen daran, Schwerverletzte aus dem umkämpften Gebiet zu bergen. Unter den Toten waren nach Angaben des örtlichen Krankenhauses elf Zivilisten, darunter drei Jugendliche. Nach israelischer Darstellung handelte es sich bei den Toten um palästinensische Kämpfer. Auch im Westjordanland wurden am Dienstag zwei Palästinenser von israelischen Soldaten getötet.
"Zeitlich unbegrenzt"
Der israelische Verteidigungsminister Schaul Mofas sagte, die Offensive in Rafah sei "zeitlich unbegrenzt". Ziel des Einsatzes sei nicht die Zerstörung von Palästinenserhäusern. Vielmehr gehe es um die Bekämpfung des illegalen Waffenschmuggels. Eine Armeesprecherin betonte, die Truppen wollten nur solche Häuser zerstören, in denen ein Tunneleingang ende oder aus denen geschossen werde. Israelische Medien hatten zuvor berichtet, die Truppen wollten in Rafah hunderte Häuser zerstören, um die Pufferzone zu Ägypten auszuweiten, nachdem dort vergangene Woche fünf israelische Soldaten getötet worden waren.
Schwere Vorwürfe von Amnesty und Arabischer Liga
Die Arabische Liga und die Menschenrechtsorganisation Amnesty International bezeichneten das israelische Vorgehen als "Kriegsverbrechen". Das Eindringen in das Lager Rafah habe die "ethnische Säuberung und die kollektive Bestrafung des palästinensischen Volkes zum Ziel", erklärte die Arabische Liga nach einer Dringlichkeitssitzung in Kairo. Nach Angaben von Amnesty International hat Israel in den vergangenen dreieinhalb Jahren mehr als 3000 Wohnungen von Palästinensern und Arabern zerstört.
Auf Drängen arabischer Staaten wollte der Weltsichersicherheitsrat am späten Abend in New York über die Lage beraten. Die Araber hofften, dass das höchste UN-Gremium Israel auffordert, die Zerstörung der Häuser im Gaza-Streifen sofort einzustellen. Auch die Europäische Union übte scharfe Kritik an Israels Vorgehen.
Das UN-Palästinenserhilfswerk UNWRA warf Israel "eine schwere Verletzung des internationalen Menschenrechts" vor. Ein Sprecher in Genf sagte, von den rund 160.000 Einwohnern des Flüchtlingslagers in Rafah hielten sich rund 30.000 in den von Zerstörungen betroffenen Gebieten auf. 12.600 Menschen seien obdachlos, von denen 85 Prozent registrierte palästinensische Flüchtlinge seien.