Offensive Gewaltige Explosionen erschüttern Bagdad

US-Streitkräfte haben die bisher heftigsten Angriffe auf das Stadtzentrum von Bagdad geführt. Im Regierungsviertel waren große Explosionen zu sehen. Dabei schlugen mehr als 20 Marschflugkörper in dem Gebiet ein.

Gegen 21.00 Uhr Ortszeit (19.00 Uhr MEZ) heulten in Bagdad abermals die Sirenen auf. Sie kündigten den nächsten Bombenangriff der alliierten Luftwaffe an. Kurz darauf war eine ganze Serie gewaltiger Explosionen zu vernehmen. Da war klar, dass es sich nicht länger um gezielte und begrenzte Luftangriffe handelte wie in der ersten Nacht des Golfkriegs. Die angedrohte Großoffensive aus der Luft hatte begonnen.

Zahlreiche Gebäude in Bagdad wurden von den ohrenbetäubenden Detonationen erschüttert. Rauchsäulen stiegen zum Himmel auf, Flammen erhellten die Nacht. Auch der Alte Palast am Westufer des Tigris, der offizielle Regierungssitz des irakischen Präsidenten Saddam Hussein, brannte an drei Stellen lichterloh. Irakisches Luftabwehrfeuer und Suchscheinwerfer ergänzten das gespenstische Schauspiel. Sogar Fluglärm war zu vernehmen, was auf unmittelbare Nähe der Angriffsmaschinen hindeutete.

Luftangriffe auf Mossul und Kirkuk

Nach einer Meldung des arabischen Fernsehsenders El Dschasira wurde auch das Planungsministerium getroffen. Die Stromversorgung wurde von den Bomben jedoch nicht ausgeschaltet. Rundfunk und Fernsehen konnten deshalb ihre Sendungen fortsetzen. El Dschasira zufolge wurden auch Mossul und Kirkuk im Norden Iraks aus der Luft angegriffen. Diese Städte in der Schutzzone der Kurden sind bedeutend wegen ihrer Ölquellen.

Vor der jüngsten Luftoffensive war in Bagdad fast schon wieder Normalität eingekehrt. Nach den ersten Angriffen zum Auftakt des Golfkriegs in der Nacht zum Donnerstag wurden heute wieder die Geschäfte geöffnet, auf den Straßen herrschte reges Leben. Allerdings patrouillierten überall schwer bewaffnete Sicherheitskräfte.

Informationsminister Mohammed Said el Sahhaf richtete bei einer Pressekonferenz schwere Vorwürfe gegen die Vereinigten Staaten. "Sie sind eine Supermacht von Schurken. Sie sind die Supermacht von Al Capone", sagte er und schwor, Irak werde die Invasionstruppen in schwere Bedrängnis bringen. Gleichzeitig räumte er ein, das bei den ersten gezielten Luftangriffen, die dem vermuteten Aufenthaltsort von Saddam Hussein und seiner Familie galten, einer der Wohnsitze des Präsidenten getroffen wurde. "Aber, Gott sei Dank, sind sie alle in Sicherheit", betonte Sahhaf.

Als Märtyrer zur Verteidigung des Iraks opfern

Innenminister Mahmud Diab el Ahmed kam zur selben Pressekonferenz mit einer Kalaschnikow samt Munition bewaffnet. An seiner Hüfte hing eine Pistole, aus der Tasche seiner Uniformjacke lugte der Schaft eines Messers. "Wir Iraker haben alle geschworen, dass wir unsere Waffen bis zum Tag des Sieges nicht mehr niederlegen werden", sagte er zur Erklärung.

Auch Geistliche riefen die Bevölkerung dazu auf, den Invasionstruppen zu trotzen. "Unsere Kinder sterben, unsere Alten werden getötet, und wir haben niemanden als Allah auf unserer Seite", sagte der Imam Abdellatif Umim während der Freitagsgebete in der Moschee Umm el Maarek (Mutter aller Schlachten). "Aber wir werden für jeden Zentimeter und jeden Meter unseres Landes kämpfen, und wir werden uns bei jedem Zentimeter als Märtyrer zur Verteidigung des Iraks opfern."

Der Langstreckenbomber B-52 "Stratofortress"

Der B-52-Langstreckenbomber gehört zu den ältesten amerikanischen Kampfflugzeugen. Die bereits in den 50er Jahren entwickelte "Stratofortress" wurde nur bis 1962 gebaut. Die Air Force hat diese Maschinen jedoch mehrfach technisch überholt. Die mit maximalem Fluggewicht von 219 Tonnen schwersten Bomber der Welt können konventionelle oder nukleare Munition aus 15.000 Meter Höhe ausklinken. Die B-52 fliegt ohne Auftanken 14.000 Kilometer. Zudem ist eine Luftbetankung möglich.

Erstmals bewies die von Boeing gebaute Maschine während des Vietnamkriegs ihre tödlichen Fähigkeiten: In der Weihnachtszeit 1972 wurden beim B-52-Angriff auf Hanoi Tausende von Menschen getötet. Auch im Golfkrieg 1991 kam der Bomber zum Einsatz. "Stratofortress"- Jets warfen 40 Prozent aller Bomben der Anti-Irak-Koalition ab.

Die mit fünf Soldaten besetzten B-52 können mit Satelliten kommunizieren und sind auch bei schlechtestem Wetter einsatzbereit. Die Flugzeuge mit einem Anschaffungspreis von 53,4 Millionen Dollar sollen noch bis zum Jahr 2040 im Dienst bleiben. Rund 90 Maschinen sind zur Zeit einsatzbereit.