SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück steht wegen seiner Äußerungen zur Italien-Wahl weiter in der Kritik. "In die Schweiz schickt er die Kavallerie, nach Zypern die Piraten, italienische Politiker sind für ihn Clowns: Peer Steinbrück hat mehr als deutlich unter Beweis gestellt, dass er ein außenpolitisches Sicherheitsrisiko ist", sagte der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Volker Wissing, zu Handelsblatt Online. "Er mutiert zunehmend zu einem deutschen Peerlusconi." Was Steinbrück mit "Klartext" umschreibe, sei in Wahrheit "Stammtisch der untersten Kategorie".
Italiens Medien empören sich
Die italienischen Medien reagieren auf die Attacke Steinbrücks mit heftiger Kritik. Sie stellten sich dabei hinter die "Schlacht" des Staatschefs Giorgio Napolitano, der Respekt für Italien eingefordert und ein Treffen mit Steinbrück abgesagt hatte. "Rüpelhafte Sätze und reale Befürchtungen" konstatierte der rechtsliberale Mailänder "Corriere della Sera" in seinem Aufmacher auf der ersten Seite. "Zwischen Sorge und Flegelhaftigkeit gibt es doch einen Unterschied, den zu beseitigen niemandem erlaubt ist." Napolitanos Verhalten dazu sei "bestens". Das angesehene Blatt sprach von Steinbrück als dem "deutschen König der Ausrutscher" und der Furcht vor dem Populismus.
Auch die liberale Turiner "La Stampa" begrüßte Napolitanos Haltung "im Namen der europäischen politischen Korrektheit". Natürlich habe der Staatschef gut reagiert, als er ein Treffen mit Steinbrück ablehnte. Die linksliberale römische "La Repubblica", eine Anti-Berlusconi-Speerspitze, nannte Napolitanos Reaktion eine diplomatische Notwendigkeit, Italien stehe im Clowns-Kostüm da.
Kritik auch aus der eigenen Partei
Kritik kommt auch aus Steinbrücks Partei. "Es ist nicht diplomatisch, das politische Personal eines befreundeten Staates mit solchen Begriffen zu belegen", sagte die SPD-Bundestagsabgeordnete Ulla Burchardt der "Passauer Neuen Presse". Sie ist auch Vorsitzende der deutsch-italienischen Parlamentariergruppe. Linken-Chef Bernd Riexinger sagte der "Passauer Neuen Presse" : "Explosive Äußerungen in schwierigen Situationen sind jedenfalls kein Ausweis außenpolitischer Schlauheit."
Der Grünen-Europapolitiker Daniel Cohn-Bendit sagte dem RBB-Inforadio, als Kanzlerkandidat dürfe Steinbrück nicht in dieser Form "verbal ausrasten". "Er mag das denken", sagte Cohn-Bendit. "Denken können es sich viele Menschen." Das Problem sei aber, dass Steinbrück manchmal "einfach seine Zunge nicht beherrscht". Dies sei "misslich für die SPD und am Ende vielleicht auch für Rot-Grün ein Problem". Zugleich äußerte Cohn-Bendit Verständnis für die Entscheidung des italienischen Staatspräsidenten Giorgio Napolitano, wegen Steinbrücks Äußerung ein Gespräch mit dem SPD-Kanzlerkandidaten abzusagen. "Ich kenne Napolitano sehr gut, und als Staatspräsident weiß er, was sich gehört. Er kann es sich nicht leisten mit Steinbrück zu dinieren, wenn der so ausrastet."
Ein paar Unterstützer
Unterstützung für die Clown-Bezeichnung erhielt Steinbrück vom schleswig-holsteinischen SPD-Chef Ralf Stegner. Mit Blick auf den früheren italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi sei diese "eher noch freundlich ausgefallen", sagte der Koordinator der Linken im SPD-Bundesvorstand zu Handelsblatt Online.
Der Präsident des Europaparlaments, Martin Schulz (SPD), forderte, den politischen Willen der italienischen Wähler zu respektieren. "Mein wenig gutes Verhältnis zu Silvio Berlusconi ist bekannt. Wir sind bei der Betrachtung der Wahl alle gut beraten, zur Kenntnis zu nehmen, dass die Italiener diese Parteien und ihre Führer gewählt haben", sagte Schulz der "Passauer Neuen Presse".
Napolitano bleibt beleidigt
Nach dem starken Abschneiden Berlusconis und des Komikers Beppe Grillo bei den Parlamentswahlen in Italien hatte Steinbrück am Dienstag gesagt: "Bis zu einem gewissen Grad bin ich entsetzt, dass zwei Clowns gewonnen haben."
Wegen der umstrittenen Äußerungen zum Wahlausgang in Italien hatte Staatspräsident Giorgio Napolitano ein für Mittwochabend geplantes Abendessen mit Steinbrück abgesagt. Napolitano sagte der "Bild"-Zeitung: "Peer Steinbrück hat mir am Telefon erklärt, dass er nicht beleidigend sein wollte. Aber ein Treffen war aus meiner Sicht nach den Äußerungen, die er gemacht hat, nicht mehr möglich."