Präsidentschaftswahlen in Ägypten Die Demokratur des Husni Mubarak

Ein Hauch von Demokratie weht dieser Tage durch Ägypten. Angesichts der allerersten Präsidentschaftswahlen in dem arabischen Land hat die Staatsmacht die Zügel ein wenig gelockert. Ein wenig.

Statt eines Referendums ohne Gegenkandidaten organisiert die Staatsmacht Ägyptens am Mittwoch, den 7. September, erstmals Präsidentenwahlen. Neun Kandidaten sind zugelassen. Und Amtsinhaber Husni Mubarak (77) fährt trotz großer Hitze tapfer durch die Provinz, damit seine Landsleute ihm noch ein weitere Amtszeit von sechs Jahren genehmigen.

"Mubarak, es reicht" rufen linke Demonstranten

Die staatlichen Medien berichten gelegentlich sogar über die Wahlkampagnen der Oppositionskandidaten, und in Kairo vergeht kaum ein Tag, ohne dass Demonstranten durch die Innenstadt ziehen. Einmal sind es Islamistinnen mit Gesichtsschleiern, die für die Freilassung ihrer Ehemänner kämpfen, ein anderes Mal rufen linke Demonstranten: "Mubarak, es reicht, Schluss mit der Korruption."

Doch der Schein trügt. Zwar hat die Führung um Mubarak in den vergangenen Monaten die Zügel etwas gelockert. Doch nur gerade so weit, dass die über Korruption, steigende Preise und Polizeiwillkür klagenden Menschen ein bisschen Dampf ablassen können. So hat Mubarak im Wahlkampf zwar angekündigt, er wolle die umstrittenen Notstandsgesetze abschaffen. Dafür sollen aber neue Anti-Terror- Gesetze erlassen werden. Die Opposition hält das für einen Etikettenschwindel.

Die Regierung will ausländische Wahlbeobachter nicht ins Land lassen

Konflikte gibt es auch um die Frage der Wahlbeobachter. Denn viele Ägypter sind der Meinung, dass es nutzlos ist, zur Wahl zu gehen, weil die Ergebnisse von den Wahlhelfern der regierenden Nationaldemokratischen Partei (NDP) von Mubarak gefälscht würden. Nach der letzten Volksabstimmung hatten viele Ägypter berichtet, sie seien am Wahltag abgewiesen worden. In anderen Fällen gaben Wähler gleich in mehreren Wahllokalen ihre Stimme ab.

Ausländische Wahlbeobachter will die Regierung nicht ins Land lassen. Die ägyptischen Richter wollen diese Aufgabe wieder übernehmen, fordern aber, dass regimekritische Richter nicht ausgeschlossen werden dürfen und alle neun Kandidaten die Ergebnisse der Auszählung einsehen können. Aber es gibt nicht genug Richter, um eine lückenlose Kontrolle zu garantieren.

Niemand rechnet ernsthaft mit einer Abwahl Mubaraks nach 24 Jahren Präsidentschaft

Außerdem ist selbst unter den Anhängern der Oppositionskandidaten niemand, der ernsthaft glaubt, dass die Ägypter Mubarak nach 24 Jahren im Amt abwählen könnten. Grund für diese Annahme ist eine Mischung aus Fatalismus und Glaube an die Allmacht der NDP. Außerdem steht erst seit einigen Wochen fest, dass Mubarak bei der Wahl Konkurrenz bekommen wird. Die Kandidaten hatten also nur wenig Zeit, ihre Popularität zu steigern. Einige von ihnen nimmt sowieso niemand ernst, wie etwa einen Neffen von Ex-Präsident Anwar al-Sadat, der sogar in seiner eigenen Partei umstritten ist, oder Ahmed al-Sabahi, ein älterer Herr, der die ägyptischen Männer dazu bringen will, die traditionellen roten Hüte (Fez) wieder zu tragen.

Eine gewisse Popularität genießt dagegen Noaman Gomaa, der Kandidat der traditionsreichen Wafd-Partei, der im Wahlkampf unter anderem gegen die Privatisierung von Staatsbetrieben gewettert hat. Auch der junge dynamische Vorsitzende der Partei Al-Ghad (Morgen), der Anwalt Eiman Nur, findet immer mehr Anhänger, vor allem bei der Jugend, die unter der hohen Arbeitslosigkeit am meisten leidet.

Einer der Kandidaten wurde ausgeschlossen

Immerhin, ein Hauch von Demokratie weht in diesen Tagen schon durch Ägypten. Staunend hören die Menschen zu, wenn Kandidat Nur über Korruption und Wahlfälschung schimpft, ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen. So etwas haben sie bei einem öffentlichen Auftritt noch nie gehört. Gleichzeitig spürt man bei der NDP eine gewisse Nervosität. "Die Regierung hat sich auf Druck von unten und aus Washington auf ein Experiment eingelassen, vor dessen Ergebnis sie Angst hat", meint ein westlicher Diplomat, "vor allem bei einigen älteren Parteikadern liegen deshalb zur Zeit die Nerven blank.". Nach Meldungen von Kairoer Zeitungen vom Sonntag wurde einer der bislang zehn Kandidaten, Wahid al-Uksory von der Ägyptischen Arabischen Sozialistischen Partei ausgeschlossen, weil er nicht - wie vorgeschrieben - Parteivorsitzender ist.

Anne-Beatrice Clasmann/DPA

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