Presseschau "Krieg hat Hass auf Judenstaat genährt"

Der Libanon-Krieg ist für die israelische Regierung ein innen- wie außenpolitisches Desaster, schreiben die internationalen Kommentatoren. Eine Presseschau von stern.de.

Die römische Tagsezeitung "la Republica" bringt die Meinung der meisten internationalen Blätter auf den Punkt: "Der zweite Libanon-Krieg ist für Israel schlecht gelaufen. Das Land scheint im Inneren erschüttert und wie betäubt." Das sieht der Kommentator der dänischen Zeitung "Information" ähnlich: "Israel ist ernsthaft geschwächt. Diese Erfahrung hat das israelische Selbstvertrauen untergraben." Die Zeitung weist darauf hin, dass Israel mit dem Krieg gegen die Hisbollah vor allem die Unbesiegbarkeit des eigenen Militärs beweisen wollte. Ein Vorhaben, das gründlich misslang, meint "Information". Denn neben die "innere Erschütterung" geselle sich das "Aha-Erlebnis für viele in der arabisch-islamischen Welt, dass Israel eben doch nicht unüberwindlich ist und wie die USA durch Guerillakrieg und Terror in die Knie gezwungen werden kann".

"Israel stößt an Grenzen"

Auch die "Salzburger Nachrichten" sehen in Israel den eindeutigen Verlierer des Krieges. Keines seiner Ziele habe das Land erreicht: Weder wurden die entführten Soldaten befreit, noch sei Israel ein entscheidender Schlag gegen die Hisbollah gelungen. Die holländische Zeitung "de Volkskrant" meint zwar, Israel habe der militärischen Infrastruktur von Hisbollah Schläge versetzt. "Aber Israel hat es nicht geschafft, die Organisation zum Schweigen zu bringen oder zu vernichten. Es ist damit an die Grenzen seiner militärischen Überlegenheit gestoßen. (...)"

Vor allem der israelische Ministerpräsident Ehud Olmert muss herbe Kritik einstecken. Die "Süddeutsche Zeitung" geht hart mit der Regierung ins Gericht: Nur die UN-Resolution habe ihr "einen Ausweg aus dem Libanon-Abenteuer gewiesen" und zudem die Armee vor einer weitere "Blamage" bewahrt. Ähnlich hört es sich in der holländische Zeitung "Telegraaf" an: "Der Krieg hat länger gedauert als die Israelis erwartet haben. Indem sie sich unter der Zivilbevölkerung versteckten, waren die Hisbollah-Milizen für Israel viel schwieriger zu bekämpfen als der unerfahrene neue Ministerpräsident Olmert und sein ebenso unerfahrener Verteidigungsminister dachten."

Der Kommentator von "la Republica" sieht Probleme an allen Ecken und Enden: "Es gab unreichende militärische Pläne, Ineffizienz der Geheimdienste, wütende Konfrontationen zwischen Regierung und hohen Kommandeuren, anhaltende Streitereien zwischen Ministern sowie eine auffällige Kluft an der Spitze der Streitkräfte. Die Wiener Zeitung "Der Standard" will sogar einen schwelenden Konflikt in Olmerts Kabinett erkannt haben. "Die israelische Regierung geht geschwächt aus diesem Feldzug hervor. (Ministerpräsident Ehud) Olmerts Verhältnis zu (Verteidigungsminister) Peretz, seinem Koalitionspartner von der Arbeiterpartei, hat gelitten. Die Außenministerin und er haben sich entfremdet."

"Munition für die Radikalen"

Doch nicht nur innenpolitisch hat der Krieg für die israelische Regierung womöglich weit reichende negative Folgen. Die "Salzburger Nachrichten" schreibt: "Der Verteidigungskrieg gegen die Schiiten-Kämpfer, wie ihn die Israelis sehen, geriet zu einer grauenvollen Orgie an Zerstörung - was erneut den Hass auf den Judenstaat in der islamischen Welt nährt. Sie hat den Radikalen in der Welt der Muslime neue Munition geliefert." Diese Auswirkungen auf die muslimische Welt beschäftigt auch das "Luxemburger Wort" in seinem Kommentar. Jerusalem habe sich als vermeintlicher Angreifer an der im Zeitalter des internationalen Terrorismus so wichtigen Image-Front keine Freunde gemacht. Und die links-liberale ungarische Tageszeitung "Nepszabadsag" stellt die Frage: "Welche Konsequenzen ziehen die Hamas, der Islamische Dschihad und El Kaida aus dem südlibanesischen Unentschieden? Mehr Katjuschas, mehr Chancen?"

mta mit Agenturmaterial