Prodi-Nachfolge Kein Kandidat mehr in Sicht

Für die Suche des Nachfolgers von Romano Prodi blieb auf dem Brüsseler EU-Gipfel letztlich keine Zeit mehr. Nun hoffen die Regierungschefs darauf, möglichst bald einen neuen Ratspräsidenten präsentieren zu können.

Am Freitag, zu Beginn des EU-Gipfels schien die Länderchefs nur ein Thema zu interessieren: einen Nachfolger für den scheidenden Kommissionspräsidenten Romano Prodi zu finden. Dass die Agenda noch einen anderen, nicht ganz unwichtigen Punkt enthielt, die europäische Verfassung nämlich, drohte fast in Vergessenheit zu geraten. Am Abend dann die Wende: die umstrittene Verfassung steht, von Prodis Nachfolger aber keine Spur.

Entscheidung wegen langwieriger Verhandlungen vertagt

Die Entscheidung darüber wurde von den Staatschefs vertagt, man konnte sich nicht auf die bislang genannten Bewerber einigen. Unter anderem auch wegen den langwierigen Verhandlungen über die EU-Verfassung. Zudem hatten die beiden Spitzenkandidaten, der belgische Ministerpräsident Guy Verhofstadt und EU-Außenkommissar Chris Patten, ihre Ambitionen aufgegeben. Verhofstadt sagte nach Abschluss des Gipfels: "Ich habe dem Vorsitz mitgeteilt, dass ich mich nicht mehr bewerbe." Er wolle keine wochenlange Unsicherheit in dieser Frage. Auch Patten stand nach Auskunft Aherns nicht mehr zur Verfügung. Nun soll über die Personalie bis Ende Juni entscheiden werden. "Es sollte bald sein", sagte Bundeskanzler Schröder knapp, sein Amtskollege, der irische Ministerpräsident und EU-Ratspräsident, Bertie Ahern, äußerte den Wunsch, die Kandidatensuche noch in seiner verbleibenden Amtszeit abzuschließen. Ein konkretes Datum aber konnte er nicht nennen. Oder wollte es nicht.

Bis zu neun Namen waren im Gespräch

Ursprünglich sollte die Entscheidung bereits am Donnerstagabend fallen. Die EU-Staats- und Regierungschef konnten jedoch keine Mehrheit für einen der beiden Bewerber herbeiführen. Zwischenzeitlich waren bis zu neun Namen im Gespräch: der österreichische Ministerpräsident Wolfgang Schüssel, der dänische Ministerpräsident Anders Fogh Rasmussen, Portugals Regierungschef Jose Manuel Durao Barroso, EU-Kommissar Antonio Vitorino aus Portugal, Finnlands Ex-Ministerpräsident Paavo Lipponen, der scheidende Präsident des EU-Parlaments Pat Cox, Frankreichs Außenminister Michel Barnier und Ahern selbst. Sowie der Luxemburger Regierungschef Jean-Claude Juncker.

Juncker hätte zwar beste Chancen von einer parteiübergreifenden Mehrheit der Mitgliedstaaten getragen zu werden, lehnt eine Bewerbung bislang allerdings ab. Der vergangenen Sonntag wiedergewählte Christdemokrat hatte während seines Wahlkampfes beteuert, dass er in Luxemburg bleiben werde. "Ich gehöre zu den altmodischen Politikern, die sich an das halten, was sie vor der Wahl angekündigt haben, sagte Juncker.

Für den Liberalen Verhofstadt hatten sich vor allem Deutschland und Frankreich stark gemacht; abgelehnt hatte ihn vor allem der britische Premierminister Tony Blair. Der französische Staatspräsident Jacques Chirac bedauerte, dass Verhofstadt aufgab.

Kein Kandidat mehr in Sicht

Ahern stellte mit Bedauern fest, dass nach dem Gipfel niemand mehr im Rennen sei. Auch für Chirac sei im Moment kein geeigneter Kandidat in Sicht. In EU-Parlamentskreisen wurden aber nach wie vor der portugiesische Ministerpräsident Jose Manuel Barroso und der französische Außenminister Michel Barnier genannt, beides Konservative.

Sollte dem Wunsch des Iren Ahern entsprochen werden, Prodis Nachfolge noch während der irischen Präsidentschaft zu regeln, haben die EU-Vertreter noch bis zum 1. Juli Zeit dazu. Dann übernehmen die Niederlande die alle sechs Monate rotierende EU-Ratspräsidentschaft. Drei Wochen später, am 21. Juli soll der neue Kommissionspräsident vom EU-Parlament bestätigt werden. Der italienische Regierungschef Silvio Berlusconi gibt sich optimistisch: "Die Entscheidung könnte innerhalb von zehn Tagen fallen."

AP · DPA
AP/nk