Proteste im Iran "Keine Gnade": Polizei droht mit noch mehr Härte

Am Dienstag forderten Abgeordnete die Todesstrafe, am Mittwoch schickte das Regime seine Leute auf die Straße und die Polizei droht mit noch mehr Härte: Die Lage für die Opposition im Iran wird zunehmend bedrohlicher.

Teheran erhöht den Druck auf die Regierungsgegner: Im Iran sind am Mittwoch offiziellen Angaben des Regimes zufolge Millionen Anhänger der Regierung bei staatlich organisierten Großveranstaltungen auf die Straßen gegangen, um gegen die Opposition zu demonstrieren. Sie forderten die Todesstrafe für die Anführer der Opposition, die als Gotteslästerer beschimpft wurden. Die Polizei kündigte an, künftig mit noch größerer Härte gegen Antiregierungsproteste vorzugehen. "Bislang hat die Polizei Milde walten lassen, aber die Ära der Toleranz ist vorbei", erklärte General Ismail Ahmadi Moghaddam laut der Nachrichtenagentur IRNA. Wenn die Oppositionellen das System stürzen wollten, werde es "keine Gnade" geben.

Die Sympathisanten des erzkonservativen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad marschierten vor allem in Teheran zahlreich auf. Unbestätigten Berichten zufolge wollten sie vor einem der Büros von Oppositionsführer Mir Hussein Mussawi in der Hauptstadt so lange einen Sitzstreik abhalten, bis der Politiker festgenommen wird.

Oppositionsführer angeblich geflüchtet

Ob dies auch tatsächlich geschehen ist, ist derzeit unklar. Nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Irna sollen zwei Anführer der Opposition die Hauptstadt Teheran verlassen haben. Die beiden Männer seien aus Angst in die Provinz Masandaran im Norden des Landes geflüchtet, hieß es zunächst. In einer weiteren Meldung berichtete Irna dann, dass die Revolutionsgarden und der Geheimdienst Mussawi und Mehdi Karrubi in die Stadt Kelarabad am Kaspischen Meer gebracht hätten und dort versteckt hielten, um ihr Leben in Teheran nicht zu gefährden.

Die Opposition widersprach diesen Angaben und wies die Berichte als falsch zurück. Mussawis Webseite "Dscharas" dementierte die Angaben der staatlichen Agentur kategorisch. Mohsen Karrubi, der Sohn des Klerikers, sagte auf der Webseite "Parliament-News", dass sowohl sein Vater als auch Mussawi noch in Teheran seien. Der Irna-Bericht sei falsch.

Mussawis Tod gefordert

Klar ist, bei der Kundgebung riefen die Demonstranten "Tod Mussawi". Auch Rufe wie "Nieder mit den USA, Israel und Großbritannien" wurden laut. Die Regierungsanhänger forderten von der Justiz, ihnen zu erlauben, sich an Oppositionsanhängern zu rächen, weil sie ihrer Ansicht nach durch die Proteste anlässlich der Aschura-Feierlichkeiten am vorigen Sonntag dieses heilige Fest entweiht hätten.

Die Demonstranten wollen nach Angaben der Regierung "die finsteren Pläne der Feinde vereiteln." Die Oppositionsanhänger seien "Diener der Feinde" und lebten "in der Illusion, das islamische Regime umzustürzen", erklärte die Regierung. Das Volk werde die Oppositionellen durch die Massenmobilisierung "wieder auf ihren Platz verweisen". Für die staatlich gesteuerten Gegenproteste hatten nach Zeugenberichten mehrere Großunternehmen ihre Angestellten ermuntert, sich an den Demonstrationen zu beteiligen und teilweise Bustransporte organisiert.

500 Oppositionelle verhaftet

Nach den jüngsten Zusammenstößen im Iran sind schon mehr als 500 Oppositionsanhänger verhaftet worden. Dies gab der iranische Polizeichef General Ismail Ahmadi Moghaddam am Mittwoch bekannt. Zugleich räumte er ein, dass die Zahl noch höher sein könnte, da Mitglieder der Bassidsch-Miliz sowie Geheimdienstagenten von sich aus weitere Festnahmen vorgenommen haben könnten.

UN-Menschenrechtskommissarin Navi Pillay äußerte sich "schockiert" über die blutige Niederschlagung der Oppositionsproteste am Wochenende. Die vorliegenden Informationen zeugten von einer maßlosen Gewalt der Sicherheitskräfte und der Bassidsch-Milizionäre, erklärte die südafrikanische Juristin am Mittwoch in Genf.

DPA
AFP/DPA/APD