Der russische Präsident Wladimir Putin hat eine Niederlage seines Landes im Ukraine-Krieg als "unmöglich" bezeichnet und einen russischen Angriff auf Polen oder Lettland ausgeschlossen. In einem am Donnerstagabend (Ortszeit) veröffentlichten Interview mit dem umstrittenen rechten US-Moderator Tucker Carlson sagte Putin, es gebe "Geschrei" darüber, Russland "auf dem Schlachtfeld eine strategische Niederlage zuzufügen". "Meiner Meinung nach ist das per Definition unmöglich", sagte der Präsident. "Es wird niemals passieren."
Als der frühere Fox-News-Moderator Carlson den russischen Staatschef fragte, ob es ein Szenario geben könnte, in dem "Sie russische Soldaten nach Polen schicken", antwortete Putin: "Nur in einem Fall: Wenn Polen Russland angreift."
"Wir haben kein Interesse an Polen, Lettland oder irgendwo sonst", fügte Putin in seinem ersten Interview mit einem westlichen Journalisten seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine vor knapp zwei Jahren hinzu. "Warum würden wir das tun? Wir haben ganz einfach kein Interesse daran." Es widerspreche dem gesunden Menschenverstand, sich auf "eine Art globalen Krieg" einzulassen, so Putin weiter. Den Nato-Staaten warf er vor, die eigene Bevölkerung mit dem Vorgaukeln einer "imaginären russischen Bedrohung" einzuschüchtern. Ein russischer Angriff auf die Länder sei "absolut ausgeschlossen".
Putin nennt Bedingung für Kriegsende in der Ukraine
Carlson hatte Putin am Dienstag im Kreml in Moskau interviewt. Das Interview wurde dann am Donnerstagabend auf der Website des für scharf rechte Positionen, die Verbreitung von Verschwörungstheorien und seine Nähe zum früheren US-Präsidenten Donald Trump bekannten Journalisten ausgestrahlt.
Carlson hat sich mit Blick auf den Ukraine-Krieg in der Vergangenheit russlandfreundlich und sehr kritisch gegenüber Kiew gezeigt. So hat er wiederholt die US-Hilfen für die Ukraine kritisiert. In seinem Interview mit Putin stellte er kaum harte Fragen und hörte dem Präsidenten über lange Strecken bei seinen Ausführungen und seiner Begründung für den Angriff auf die Ukraine zu.
Putin ging in dem Interview auch auf US-Hilfen für die Ukraine ein – zu einem Zeitpunkt, zu dem Trumps Republikaner im Kongress eine Freigabe von weiteren Milliarden für Kiew blockieren. "Ich werde Ihnen sagen, was wir zu diesem Thema sagen und was wir der US-Führung übermitteln", sagte der russische Präsident. "Wenn Sie wirklich ein Ende der Kämpfe wollen, müssen Sie aufhören, Waffen zu liefern."
Inhaftierter Journalist Gershkovich: Putin deutet Gefangenenaustausch mit den USA an
Putin stellte auch eine mögliche Vereinbarung für eine Freilassung des in Russland inhaftierten US-Journalisten Evan Gershkovich in Aussicht. Es werde über besondere Kanäle über "bestimmte Bedingungen" gesprochen. "Ich schließe nicht aus, dass Herr Gershkovich in sein Heimatland zurückkehren wird", sagte er in dem Interview. "Es macht keinen Sinn, ihn in Russland im Gefängnis zu halten." Die USA sollten darüber nachdenken, wie sie zu einer Lösung beitragen könnten, betonte der Kremlchef – und deutete die Möglichkeit eines Gefangenenaustauschs an. "Wir sind gesprächsbereit." Weitere Äußerungen Putins ließen sich so interpretieren, dass eine Freipressung des im Dezember 2021 verurteilten Tiergarten-Mörders Vadim K. gemeint sein könnte, der in Deutschland zu lebenslanger Haft verurteilt worden war.
Tucker Carlson hatte mit der Ankündigung des Interviews mit Putin für Aufsehen gesorgt – und zugleich Befürchtungen geschürt, er könnte dem russischen Präsidenten eine Plattform für Propaganda bieten.
Der Moderator war jahrelang eines der bekanntesten Gesichter des konservativen Nachrichtensenders Fox News und sicherte sich eine große Gefolgschaft bei rechten Fernsehzuschauern. Er wurde im vergangenen April entlassen, nachdem Fox News im Streit um falsche Wahlbetrugsvorwürfe nach der Präsidentschaftswahl 2020 einen teuren Vergleich mit einem Wahlmaschinen-Unternehmen schließen musste.