Rassendiskussion in den USA "Obama schreibt Geschichte"

Ein schwarzer Präsidentschaftskandidat mit ernsthaften Chancen - das wäre in den USA noch vor ein paar Jahren undenkbar gewesen. Doch Barack Obama hat historische Wegbereiter. stern.de zeigt die wichtigsten von ihnen.

Nicht ohne Stolz bezeichnete die Zeitung "Washington Post" den kometenhaften Aufstieg Barack Obamas am Mittwoch als einen "Meilenstein", als Zeichen für den "Fortschritt in der Rassenfrage" in den USA. Doch zugleich verweist das Blatt in ungewöhnlich düsterem Ton auf die nach wie vor bestehenden Probleme zwischen Schwarzen und Weißen in den USA - und spricht sogar von einem "Rassenschisma" innerhalb der Demokratischen Partei.

"Obama makes history", Obama schreibt Geschichte, kommentierte ein TV-Kommentator kurz und bündig. Doch es klingt auch ein wenig wie Ironie der Geschichte: Ein Afro-Amerikaner setzt zum Sprung ins Präsidentenamt an - aber in seinem Wahlkampf meidet er es geflissentlich, sich als "schwarzer Bewerber" zu präsentieren. "Es geht nicht um Schwarz oder Weiß" - das war beinahe so etwas wie der Grundakkord in Obamas Vorwahlkampf. Die "Rassenfrage" sollte, so wenig wie irgend möglich, thematisiert werden.

Doch unter der Oberfläche wurden die Vorbehalte, der "potenzielle Widerstand gegen einen schwarzen Kandidaten" ("Washington Post") deutlich. Kein Zufall, dass Obama etwa in industriellen Ballungsgebieten und in wirtschaftlichen Krisenregionen stets das Nachsehen hatte hinter Hillary Clinton. Ganz offen wurde darüber gesprochen, dass Obama in der "weißen Arbeiterschaft" nicht den rechten Anklang findet. "Bei den Demokraten kommt die Rassenfrage wieder hoch", schrieb die "New York Times" - böses Omen für die anstehende Präsidentenwahl im November?

Begeisterung in Europa

Der 46-jährige Obama - Sohn eines Afrikaners und einer weißen Amerikanerin - findet vor allem deshalb Anhänger im liberalen weißen Wählerklientel, weil er sich "wohlwollend von solchen schwarzen Führern unterscheidet, die ihrer Meinung nach beständig auf das Thema Rassismus abzielen", kommentierte die Zeitschrift "Time".

Obamas Aufstieg wurde in Deutschland und anderen europäischen Ländern mit Wohlwollen und sogar Begeisterung begleitet. Vor allem seine Ablehnung des Irakkrieges, seine vermeintlich "flexiblere Haltung" auch in Sachen Afghanistan und Iran finden hier positiven Widerhall. Doch bei der Einschätzung ist Vorsicht geboten. Recht unerwartet etwa hatte Obama zahlreiche Europäer unlängst beim Thema Afghanistankrieg vor den Kopf gestoßen.

"Wir brauchen von ihnen mehr Unterstützung", forderte er unverblümt. Es sei nicht akzeptabel, dass die USA und Großbritannien in Afghanistan "die Drecksarbeit machen", andere Staaten "müssen vielleicht einige der Beschränkungen aufheben, die sie ihren Truppen dort auferlegt haben", sagte Obama mit Blick auch auf Deutschland - deutliche Worte, über die man in Berlin gar nicht erfreut war. Obama, so meinen Insider, mag in der Außenpolitik flexibler sein, gesprächsbereiter vor allem als Präsident George W. Bush - doch einfacher für die Europäer würde es bei einem Präsidenten Obama nicht unbedingt werden.

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Peer Meinert/DPA