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In eigener Sache Es stand nicht im stern: Russische Propaganda erfindet Meldung über verletzten ukrainischen Geheimdienstchef

Ukrainischer Geheimdienstchef Kyrylo Budanow
Der ukrainische Geheimdienstchef Kyrylo Budanow im September 2022
© AFP
Russische Propagandisten behaupten unter Berufung auf den stern, der ukrainische Geheimdienstchef liege in einem Berliner Krankenhaus im Koma. Doch die Meldung ist frei erfunden.

Die 1,3 Millionen Leser des Telegram-Kanals von Wladimir Solowjow, Putins lautstärkstem Propagandisten, mögen sich am Samstagmorgen gefreut haben: "Budanow im Koma – so das deutsche Magazin stern" stand dort, darüber ein Bild von Kyrylo Budanow, dem Chef des ukrainischen Militärgeheimdienstes HUR. 

Wie der stern berichte, hätten seine Journalisten anonym mit Ärzten des Krankenhauses gesprochen, in das Budanow eingeliefert worden sei. Nach ihren Worten sei beim Chef des ukrainischen Geheimdienstes das Gehirn aufgrund einer Kopfverletzung beschädigt. Die Prognosen: besorgniserregend. 

Der stern hat keine derartige Nachricht veröffentlicht

Die Meldung mit Verweis auf den stern findet sich am Samstag auch in weiteren vielgelesenen russischen Telegram-Kanälen. Im Falle des Kanals von Solowjow ist die Nachricht weitergeleitet von einem belarussischen Telegram-Kanal namens "Nowosti Grodno". Das einzige Problem: Der stern hat keine derartige Nachricht veröffentlicht. 

Der letzte Artikel zu Geheimdienstchef Budanow stammt vom 28. Februar dieses Jahres und berichtet über dessen Einschätzung, ob China Waffen an Moskau liefern werde oder nicht. 

Die Geschichte ist also nichts anderes als ein glatter Fake, eine weitere Falschnachricht, die russische Propagandisten in die Welt setzen. Die Idee dahinter: Kaum ein Leser wird sich die Mühe machen, zu überprüfen, ob auf der Seite des stern tatsächlich eine derartige Meldung zu finden ist – ganz abgesehen davon, dass die meisten Russen vor einer sprachlichen Barriere stehen.

Meldung gleich in drei Sprachen

Inzwischen gibt es die Meldung sogar auf Deutsch – veröffentlicht von einer italienischen Fake-Nachrichtenagentur namens "Nova News", die offenbar von Russland für die Verbreitung der eigenen Propaganda genutzt wird. Praktischerweise findet sich die Meldung dort gleich in mehreren Sprachen. 

Offenbar gehört die Falschnachricht zu einer größer angelegten russischen Desinformationskampagne speziell gegen Budanow: Die staatliche Nachrichtenagentur RIA Nowosti hatte berichtet, Budanow sei am 29. Mai bei einem russischen Raketenangriff auf Kiew schwer verletzt und nach Berlin gebracht worden.

Auch über eine angebliche schwere Verwundung des ukrainischen Oberkommandierenden Walerij Zaluschnyj hatte RIA Nowosti berichtet.

Die ukrainische Seite dementiert die Berichte, Präsident Wolodymyr Zelenskyj erklärte in seiner Ansprache am Freitag, sowohl Zaluschnyj als auch Budanow seien an dem Tag auf einer Versammlung der Militärführung anwesend gewesen. 

Primitive Propagandamethoden

Was bleibt? Ein weiterer Beleg für die primitiven Methoden, mit denen Russland im Zusammenspiel von Nachrichtenagenturen, wirkmächtigen Propagandisten im sozialen Netzwerk Telegram und ausgedachten "westlichen Medienberichten" Falschmeldungen in Umlauf bringt. Das Schema ist eingeübt und wiederholt sich seit Kriegsbeginn Tag für Tag, dokumentiert auf der Faktenchecker-Plattform "Correctiv".

Und was hilft gegen derartige Desinformation? Information. Jedoch: Die meisten russischen Leser der entsprechenden Telegram-Kanäle wird diese Richtigstellung nie erreichen. 

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