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"Die Welt verstehen" Warum ein schärferes Waffengesetz in den USA keine Chance hat

Trotz immer wiederkehrender Massaker und der nachdrücklichen Kritik von US-Präsident Obama ist in den USA an eine Verschärfung der Waffengesetze nicht zu denken. Scharfe Waffen im Schrank gehören zum US-Lifestyle wie Pick-Up und Spring Break.
Von Joachim Rienhardt

Nur wenige Stunden nach dem Massaker in einer Sozialeinrichtung in Kalifornien verfasste US-Präsident Barack Obama wieder eines seiner Statements zur Waffengewalt in den USA: "Wir brauchen strengere Waffengesetze, stärkere Hintergrundüberprüfungen, das sagt der gesunde Menschenverstand", sagte er in einem TV-Interview. Es war ein weiterer verzweifelter Versuch, Amerika in der Waffenfrage die Augen zu öffnen. Doch das ist schwer. Das zeigt eine Geschichte, die sich in diesem Herbst um die Supermarkt-Kette Wal Mart abspielte.

Als im August ein Amokschütze in Virginia zwei Fernsehjournalisten während einer Live-Sendung erschoss, verkündete fast zeitgleich ein Sprecher von Walmart: Ab diesem Herbst werde der Supermarkt, der größte Verkäufer von Schusswaffen und Munition in den USA, Sturmgewehre des Typs AR 15 aus dem Sortiment nehmen. Mit halbautomatischen AR-15-Gewehren haben viele Amokläufer in den USA Blutbäder angerichtet und viele Menschen kaltblütig ermordet. James Holmes, der im Juli 2012 bei einer "Batman"-Filmpremiere zwölf Menschen tötete und 70 verletzte, ist nur ein Beispiel von vielen. Adam Lanza, der im Dezember 2012 bei einem Amoklauf an der Sandy-Hook-Grundschule in Newtown 20 Kindern und sechs Erwachsenen das Leben genommen, ein weiteres. Die AR 15 ist die Knarre der Killer. Und die Amerikaner lieben sie.

Es geht nur ums Geschäft

Die Begründung des Walmart-Sprechers, die AR 15 aus dem Sortiment zu nehmen, macht sehr deutlich, warum bislang in den USA sämtliche Versuche gescheitert sind, das Waffengesetz zu verschärfen – trotz aller Gewalttaten und dem Umstand, dass in den vergangenen drei Jahrzehnten etwa eine Million Amerikaner bei Morden, Unfällen oder Suizid durch Kugeln gestorben sind. Der Sprecher betonte, dass der Schritt nichts mit dem Amoklauf in Virginia zu tun habe. Es handle sich um eine Umstrukturierung des Sortiments. Grund sei die mangelnde Nachfrage nach diesem Typ von Sturmgewehr. Sie mag groß sein. Aber für einen Supermarkt ist sie nicht groß genug, um ein rentables Geschäft zu garantieren. Kein Wort des Bedauerns für die Opfer des Waffenwahns. Die Botschaft ist deutlich: Es geht nur ums Geschäft.

 Und das läuft glänzend im Land des unbegrenzten Waffen-Irrsinns. Das Recht, eine Waffe zu besitzen und auch zu benutzen, ist tief verwurzelt in der amerikanischen Identität. Sogar das Recht, eine Waffe zu tragen, ist unantastbar durch die Verfassung geschützt. Das hat viel zu tun mit dem einst gesetzlosen Wilden Westen, als sich auch heute noch verehrte Helden in Siedlerzeiten mittels Knarre Recht verschafften. Oder das, was sie dafür hielten. Das gilt vielen auch heute noch als recht und billig.

Scharfe Waffen im heimischen Schlafzimmerschrank gehören zum US-Livestyle wie ein Pick-Up in der Garage, der Spring Break oder der Mythos von der "Vom -Tellerwäscher-zum-Millionär"-Karriere. Vorstöße, Waffengesetze zu verschärfen, gelten bei sehr vielen Amerikanern heute noch als Verrat am Vaterland. Auch dann, wenn sie von US-Präsident Barak Obama persönlich kommen. Er wird dafür nicht nur von Republikanern gehasst.

Waffenlobby mit immensem Einfluss

Die einflussreiche Waffenlobby weiß diesen Hass hervorragend zu schüren. Es geht für sie um ein Multi-Millionen-Dollar-Business, das nicht versiegen darf. Rund 300 Millionen Waffen sind in den USA in Privatbesitz. Die Umsätze mit scharfen Waffen sind jedes Jahr nach wie vor enorm. Sie gehen in die Milliarden. Allein der Umstand, dass potentielle Amokläufer sich nicht in solchem Umfang bedienen, dass es selbst für Supermärkte noch rentabel ist, ist alles andere als ein Zeichen der Entwarnung. Das große Umdenken hat noch lange nicht eingesetzt.

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