Als der "Spiegel" vor vielen Jahren einen Revolver in einem Teller Spaghetti auf dem Titelbild zeigte und so auf Italien und sein Mafiaproblem aufmerksam machen wollte, regten sich viele Italienerinnen und Italiener auf – sie empfanden das als eine arg klischeehafte Darstellung. Wir wollen mit unserer aktuellen Titelgeschichte nicht daran rütteln, dass die Niederlande und Belgien als eher entspannte Nachbarländer gelten. Aber wir müssen schon schreiben, was ist, und das ist ein neuer Drogenkrieg, der aus diesen Staaten nach Deutschland zu schwappen droht – befeuert von Drogenkartellen, die Milliarden verdienen und ohne Skrupel den Staat herausfordern. Den Frontbericht meiner Kollegen Félice Gritti und Uli Rauss lesen Sie hier.
Mehr als die Hälfte aller befragten Bundesbürger finden, dass Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck seinen Staatssekretär Patrick Graichen entlassen sollte, weil er seinen Trauzeugen als Chef der Deutschen Energie-Agentur ausgewählt hatte – am Mittwoch machte Habeck Nägel mit Köpfen und verkündete die Trennung von Graichen. Offenbar bewertet die Mehrheit der Bundesbürger Graichens Vorgehen als Vetternwirtschaft. In Ost- und in Westdeutschland sowie in allen Alters- und Bildungsgruppen spricht sich eine Mehrheit für eine Trennung von Graichen aus. Selbst von den Anhängern der Grünen sind 43 Prozent dafür, dass Habeck Graichen von seinen Aufgaben entbindet. Insgesamt sei durch Graichens Verhalten breiteren Wählerschichten bewusst geworden, so bemerkt Forsa-Chef Manfred Güllner, dass die Grünen zwar häufig Personalentscheidungen anderer politischer Akteure als Vetternwirtschaft oder Filz brandmarkten, aber selbst alle Möglichkeiten nutzten, ihre Gefolgsleute systematisch mit Posten zu versorgen. Diese Wahrnehmung ist ein Problem – vor allem für Habeck, der nicht nur die Energiewende schaffen möchte, sondern irgendwann gern Bundeskanzler werden möchte. Sein Leben ist gerade eine Baustelle, schreiben unsere Autoren Andreas Hoidn-Borchers und Jan Rosenkranz.
Und immer wieder Ärger mit der Deutschen Bahn
Der Warnstreik der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) konnte abgewendet werden. Zugausfälle bleiben dennoch ein Problem der Deutschen Bahn, hat mein Kollege Christian Esser recherchiert. Denn Störungen und Ausfälle hat die Bahn nicht nur während der Streiks, sondern auch im regulären Betrieb. Von täglich rund 1600 Fernverkehrszügen der Deutschen Bahn (ICEs, Intercitys und Eurocitys) sind im vergangenen Jahr im Schnitt 0,8 Prozent wegen technischer Mängel an den Triebfahrzeugen ersatzlos ausgefallen, insgesamt also rund 4700 Verbindungen. Die Zahlen gehen aus einer Antwort des Bundesverkehrsministeriums auf eine Anfrage mehrerer Bundestagsabgeordneter der Linkspartei hervor. "Über 80.000 Störungen in einem Jahr sind nicht akzeptabel", kommentiert der Linken-Bundestagsabgeordnete Bernd Riexinger. "Das ist eine katastrophale Bilanz einer jahrzehntelangen verfehlten Verkehrspolitik."
Der Antwort des Verkehrsministeriums zufolge offenbarten sich 2022 nicht nur beim rollenden Material erhebliche Mängel. Auch kaputte Weichen, Signale und Bahnübergänge sorgten immer wieder für Störungen des Eisenbahnbetriebs. 17.300-mal mussten Mitarbeitende der Bahn sich um Störungsmeldungen der Signale kümmern, 34.000-mal um Weichenstörungen und 32.000-mal um Störungen an Bahnübergängen. Fast 250-mal am Tag läuft also irgendetwas zwischen Westerland und Berchtesgaden im deutschen Schienennetz nicht so, wie es soll – mit entsprechenden Folgen für die Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit der Bahnen in Deutschland.