Unter Vermittlung der USA ist am Dienstag eine neue Waffenpause zwischen den Konfliktparteien im Sudan in Kraft getreten. US-Außenminister Antony Blinken erklärte am Montag, die sudanesische Armee und die paramilitärische RSF-Miliz hätten sich nach "intensiven Verhandlungen" auf eine dreitägige landesweite Waffenruhe ab Mitternacht verständigt. Sowohl die Armee als auch die RSF-Miliz bestätigten ihre Zustimmung zu der Vereinbarung.
Berichte über größere Gefechte gab es in der Nacht zunächst nicht, aufgrund jüngster Erfahrungen herrschte jedoch Skepsis, ob die Feuerpause wirklich hält. Der UN-Sicherheitsrat will in einer Dringlichkeitssitzung erneut über die Lage im Sudan beraten - Diplomatenkreisen zufolge wahrscheinlich in öffentlicher Runde am Dienstagabend gegen 21:00 Uhr (MESZ).
Blinken rief beide Seiten auf, die Feuerpause "sofort und vollständig" einzuhalten. Die USA wollten sich zudem für ein "dauerhaftes Ende der Kämpfe" einsetzen, erklärte der Außenminister. Washington werde sich zu diesem Zweck mit "regionalen und internationalen Partnern" sowie zivilen Vertretern im Sudan abstimmen, um die Gründung eines Komitees für Verhandlungen für ein Ende der Gewalt zu unterstützen. Grundsätzlich sei das Ziel, dass wieder eine zivile Regierung in dem nordostafrikanischen Land die Macht übernehme, betonte Blinken.
Die Armee erklärte im Onlinenetzwerk Facebook, sie werde sich an den Waffenstillstand halten, sofern die RSF-Miliz dies ebenfalls tue. Die RSF-Miliz erklärte ihrerseits im Kurzbotschaftsdienst Twitter, der Waffenstillstand ziele darauf ab, humanitäre Korridore einzurichten - sowohl für den Zugang der Einwohner "zu lebenswichtigen Ressourcen, medizinischer Versorgung und sicheren Zonen" als auch für weitere Evakuierungen der diplomatischen Vertretungen im Land.
Mehrere Waffenruhen im Sudan wurden bereits gebrochen
Bei den seit zehn Tagen anhaltenden Gefechten zwischen der Armee und der RSF-Miliz wurden nach UN-Angaben bereits mehr als 400 Menschen getötet und über 3700 weitere verletzt. Mehrere vereinbarte Waffenruhen wurden gebrochen. In weiten Teilen des Landes herrscht Mangel an Wasser, Strom, Lebensmitteln, Medikamenten und Treibstoff. Aktuell laufen mehrere Evakuierungseinsätze für ausländische Staatsbürger, darunter auch von Deutschland, und für zahlreiche UN-Mitarbeiter.
Seit Samstag sind im Rahmen der Einsätze bislang mehr als 4000 Menschen in Sicherheit gebracht worden. Auch die Bundeswehr beteiligte sich an den Evakuierungen: Seit Sonntagabend holte sie rund 400 Menschen aus dem nordostafrikanischen Land, darunter deutsche Botschaftsangehörige.
Am Montag folgte dann ein vierter deutscher Evakuierungsflug, wie die Bundeswehr mitteilte. Die Maschine befand sich demnach am Abend auf dem Weg von Khartum nach Jordanien. Angaben zur Nationalität der Insassen machte die Bundesregierung zunächst nicht.
Inzwischen hat Deutschland von Frankreich die Abstimmung von Evakuierungsflügen aus dem umkämpften Sudan übernommen. Die Bundeswehr sei nun zuständig für die Koordination der Flugbewegungen zum Aufnahmefluplatz, sagte ein Sprecher des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr in der Nacht zum Dienstag der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Dabei geht es darum, Flugzeiten und den praktischen Betrieb auf dem Militärflugplatz bei Khartum zu regeln, der von westlichen Staaten genutzt wird.
Bundeswehr plant weitere Evakuierungsflüge
Für die kommenden Tage bereitete die Bundesregierung weitere Evakuierungsflüge vor. Nach dem Ende der Feuerpause am Montag waren diese Planungen jedoch zunächst mit Unsicherheiten behaftet gewesen. "Noch befinden sich weitere Deutsche vor Ort", sagte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne). Ob allerdings die Sicherheitslage in den nächsten Tagen weitere Evakuierungen erlauben werde, sei "mehr als ungewiss".
Für die Sudanesen bleibt die Lage in dem umkämpften Land jedoch brenzlig. Laut dem UN-Nothilfebüro sind bereits Zehntausende in die Nachbarländer Tschad, Ägypten und in den Südsudan geflohen.
Unterdessen zeigten sich die USA besorgt, dass die russische Wagner-Söldnergruppe den Konflikt im Sudan verschärfen könnte. "Wir sind sehr besorgt über den Einsatz der Prigoschin-Gruppe - der Wagner-Gruppe - im Sudan", sagte Außenminister Blinken mit Blick auf den Gründer und Chef der Söldnertruppe, Jewgeni Prigoschin.
Wo immer die Wagner-Gruppe auftauche, bringe sie "mehr Tod und Zerstörung", sagte Blinken. Die russische Söldnertruppe kämpft nicht nur zur Unterstützung der russischen Armee bei ihrem Angriffskrieg gegen die Ukraine, sondern ist auch auf dem afrikanischen Kontinent aktiv. Medienberichten zufolge hat Wagner bereits Waffen an die RSF-Miliz geliefert.