Russische Invasion Gespräche weiterhin ohne Ergebnis, Russland verbietet Instagram und Facebook: Das war Tag 26 im Ukraine-Krieg

Ukraine: Russische Streitkräfte zerstören Einkaufszentrum
Ein ukrainischer Soldat geht mit einer Waffe an den Trümmern des Einkaufszentrums T`Retroville, das von russischen Streitkräften zerstört wurde
© Fadel Senna / AFP
Fast einen Monat dauert der Krieg in der Ukraine. Gespräche zwischen den Konfliktparteien stocken weiterhin, Millionen Menschen flüchten und Präsident Selenskyj appelliert weiter an die Deutschen. Der 26. Kriegstag im Überblick.

Abwimmeln lässt sich der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenksjy schon mal nicht. In einer Videobotschaft in den sozialen Medien appellierte er weiter hartnäckig an die Deutschen: "Sponsert bitte nicht die Kriegsmaschine von Russland." Stattdessen rief er zu einem Boykott von russischem Gas und weiteren Gütern auf. Ob sich die Überzeugungsarbeit auszahlt?

Fest steht: Die Gespräche zwischen den ukrainischen und russischen Unterhändlern tun es bislang nicht. Sichtbare Fortschritte gibt es nicht. Auch ein Treffen der beiden Präsidenten ist nicht in Sicht. Das liegt mit an Moskau. Dort sieht man keine Voraussetzungen für ein Treffen von Präsident Wladimir Putin mit dem ukrainischen Staatschef. "Sie haben einfach nichts zum Festklopfen, keine Vereinbarungen, die sie festhalten könnten", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge noch vor den Gesprächen.

Ukraine im Krieg: Präsident Wolodymyr Selenskyi führt sein Land im Krieg mit Russland
Ukraine im Krieg: Präsident Wolodymyr Selenskyi führt sein Land im Krieg mit Russland
© Ukraine Presidency/Ukraine Presi/ / Picture Alliance
"Extrem schmerzhaftes Zugeständnis": Russlandexpertin erklärt, wie der Ukraine-Krieg enden könnte

Diplomatie steht offenbar auf der russischen Agenda weit hinter militärischen Mitteln. Das wurde in der Nacht zu Montag wieder einmal deutlich. So kamen in der ukrainischen Hauptstadt Kiew mindestens acht Menschen beim Beschuss von Wohnhäusern und einem Einkaufszentrum ums Leben. Auch in der Hafenstadt Odessa soll es russische Angriffe gegeben haben. Nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau wurden im Nordwesten der Ukraine mehr als 80 Kämpfer der ukrainischen Seite auf dem Truppenübungsplatz Nowa Ljubomyrka im Gebiet Riwne bei einem Raketenangriff getötet. Die Angaben zum Kampfgeschehen waren nicht unabhängig zu überprüfen. Und es nimmt kein Ende. Laut Verteidigungsministerium soll die ukrainische Militärinfrastruktur weiter mit Hyperschall-Raketen "Kinschal" (Dolch) angegriffen werden.

Doch die Ukrainer geben sich nicht geschlagen. EIn Ultimatum des russischen Militärs zur Aufgabe der seit Wochen belagerten Stadt Miriupol lehnten sie ab. "Es wird keine Kapitulation, kein Niederlegen der Waffen geben", sagte Vize-Regierungschefin Iryna Wereschtschuk der "Ukrajinska Prawda". Allerdings gab der griechische Konsul zu Mariupol, Manolis Androulakis, der als einer der letzten westlichen Diplomaten die Stadt verließ, eine düstere Prognose ab: "Mariupol wird sich einreihen bei jenen Städten, die durch Krieg vollständig zerstört wurden – ob Guernica, Coventry, Aleppo, Grosny oder Leningrad", sagte er in Athen. "Es gab kein Leben mehr – binnen 24 Stunden wurde die gesamte Infrastruktur zerstört. Es wurde einfach alles bombardiert."

Streitpunkt Öl

Indes bat der ukrainische Präsident Deutschlan erneut um Hilfe. "Ohne Handel mit Ihnen, ohne Ihre Unternehmen und Banken wird Russland kein Geld für diesen Krieg haben", sagte Selenskyj in einer Videobotschaft. Niemand habe das Recht, Völker zu vernichten und Europa aufzuteilen. Deutschland lehnt bisher ein Embargo für russische Energie-Lieferungen ab, als Grund werden schwere Schäden für die deutsche Wirtschaft genannt. Laut Angaben des Betreibers des ukrainischen Gastransportsystems sind seit Kriegsbeginn am 24. Februar knapp 2,5 Milliarden Kubikmeter russisches Erdgas in Richtung Westen gepumpt worden.

Auch der tschechische Ministerpräsident Petr Fiala forderte eine Ausweitung der EU-Sanktionen gegen Russland. "Die ganze Welt sieht, dass Wladimir Putin Kriegsverbrechen begeht und in seinem Krieg unschuldige Menschen sterben", schrieb er bei Twitter. Weitere Sanktionen seien der einzige Weg, Putin zu stoppen. Litauens Außenminister Gabrielius Landsbergis warnte vor Sanktionsmüdigkeit. Es sei unvermeidlich, über den Energiesektor zu sprechen.

Russlands Führung warnte die EU vor den Konsequenzen eines möglichen Embargos für russische Öllieferungen. "Ein solches Embargo hätte sehr schwerwiegende Auswirkungen auf den weltweiten Ölmarkt und auf die Energiebilanz des europäischen Kontinents", sagte Kremlsprecher Peskow. Die USA hätten bereits einen Lieferstopp für russisches Öl verhängt. Die Amerikaner würden dabei nichts verlieren und am Ende besser dastehen als die Europäer.

Leid der Zivilbevölkerung in Ukraine wächst

Die EU geht mittlerweile davon aus, dass etwa acht Millionen Flüchtlinge aus der Ukraine aufgenommen werden müssen. Nach Angaben der Vereinten Nationen wurden durch den Krieg zehn Millionen Menschen und damit knapp ein Viertel der ukrainischen Bevölkerung vertrieben. 6,5 Millionen Menschen seien im Land auf der Flucht, 3,5 Millionen hätten das Land verlassen. 2,1 Millionen hätten sich in Polen in Sicherheit gebracht. Das Tempo der Fluchtbewegung sei beispiellos in der jüngeren Geschichte, hieß es bei den UN.

In Deutschland sind seit Beginn des Kriegs mehr als 225.000 Kriegsflüchtlinge von der Bundespolizei erfasst worden. Die tatsächliche Zahl dürfte aber deutlich höher sein, weil es im Regelfall keine festen Grenzkontrollen an den EU-Binnengrenzen gibt und Ukrainer zudem ohne Visum einreisen dürfen.

Aber nicht nur die ukrainische Bevölkerung leidet unter dem Krieg. Auch in Russland sind die Menschen betroffen – allerdings nicht militärisch. Hier verstärkt die Regierung die Zensur im Netz. Ein Gericht hat die Plattformen Facebook und Instagram als "extremistisch" eingestuft und verboten. Beide Dienste sind in Russland bereits blockiert, der ebenfalls zum US-Konzern Meta gehörende Messenger-Dienst WhatsApp soll dem Gericht zufolge aber nicht betroffen sein. Hintergrund des Vorgehens der russischen Justiz ist eine Entscheidung von Meta, Aufrufe zur Gewalt gegen russische Truppen in der Ukraine zuzulassen. Auch der Kurznachrichtendienst Twitter ist nicht mehr aufrufbar.

Gespräche gehen weiter

Indes versucht der Westen eine friedliche Lösung auszuhandeln. So will US-Präsident Joe Biden am Freitag nach Polen reisen. Er werde zunächst wie geplant an diesem Donnerstag an den Gipfeln der Nato, der EU und der G7-Staaten in Brüssel teilnehmen, teilte das Weiße Haus mit. In Polen sei am Samstag ein Treffen mit Präsident Andrzej Duda geplant. Dabei solle es um die humanitäre Krise gehen, "die der ungerechtfertigte und grundlose Krieg Russlands gegen die Ukraine ausgelöst hat". Am Montag will Biden per Video mit Scholz, Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron, dem italienischen Ministerpräsidenten Mario Draghi und dem britischen Premierminister Boris Johnson beraten. Die EU beschloss eine neue militärische Eingreiftruppe. Sie soll 2025 einsatzfähig sein.

DPA
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