Bei Protesten zehntausender Oppositioneller ist es am Montag im Iran erneut zu schweren Zusammenstößen mit den Sicherheitskräften gekommen. Als Demonstranten vor der Universität Teheran in Sprechchören "Tod dem Diktator" riefen, gingen Mitglieder der gefürchteten Bassidsch-Miliz nach Augenzeugenberichten mit Schlagstöcken und Tränengas vor. Dabei schlugen sie zahlreichen Männern und Frauen auf Kopf und Schultern, wie Zeugen berichteten.
Exilgruppen und Augenzeugen meldeten aus dem ganzen Land Proteste mit insgesamt mehreren zehntausend Teilnehmern. Rund um mehr als ein dutzend Universitäten im ganzen Land und auf mehreren Plätzen in Teheran kam es zu Demonstrationen. Es waren die größten Oppositionsproteste seit mehreren Monaten. Zeugen berichteten in der Hauptstadt von Schüssen in der Nähe der Enghelab-Straße. Zu Verletzten oder Festnahmen gab es zunächst keine Informationen.
Vor den Zusammenstößen in Teheran war die Universität von tausenden Polizisten, Milizionären und Revolutionsgardisten umstellt worden, um Demonstrationen zu verhindern. Laut Augenzeugenberichten musste jeder, der auf den Campus wollte, seinen Ausweis vorzeigen. Zudem wurde das Mobilfunknetz rund um die Universität gekappt. Der Zaun des Geländes wurde mit Bannern beklebt, so dass von außen nicht zu erkennen war, was im Inneren passierte.
Ein bei YouTube eingestelltes Video zeigte allem Anschein nach einen Protest von mehreren tausend Studenten auf dem Universitätsgelände, die Slogans wie "Tod dem Diktator" riefen. Die jungen Frauen und Männer trugen zumeist Masken oder Schals vor dem Gesicht, um sich vor Tränengas zu schützen. Zahlreiche Demonstranten trugen grüne Bänder oder grüne Ballons, die Farbe der Bewegung von Oppositionsführer Mir Hossein Mussawi, der bei der Präsidentenwahl im Juni nach offizieller Lesart Amtsinhaber Mahmud Ahmadinedschad unterlegen war. Die Authentizität des Videos konnte zunächst nicht von unabhängiger Seite bestätigt werden.
"Wir haben Angst"
Ein Student sagte der Nachrichtenagentur AP am Telefon, die Demonstranten riefen Slogans, versuchten aber, die Sicherheitskräfte nicht zu provozieren. "Wir fürchten, dass es zu Gewalt und zu Schüssen kommt. Wir haben Angst", sagte Kouhjar Goudarsi einem AP-Reporter in Beirut. In Erwartung regierungsfeindlicher Demonstrationen haben die Behörden bereits zuvor den Internetzugang eingeschränkt und ausländischen Journalisten bis Mittwoch verboten, direkt von der Straße zu berichten.
Der Exilgruppe Nationaler Widerstandsrat Iran (NWRI) zufolge gab es unter anderem auch in den Städten Isfahan, Arak und Schiras Proteste. Auch die in New York ansässige Internationale Kampagne für Menschenrechte berichtete über Demonstrationen in mehreren Städten.
Der Aufruf zu den Demonstrationen am Nationalen Studententag war auf zahlreichen Websites veröffentlicht worden. Am 7. Dezember wird des Todes von drei Studenten gedacht, die während antiamerikanischen Protesten im Jahr 1953 ums Leben kamen. Traditionell finden an diesem Tag Kundgebungen statt, die seit einigen Jahren von der Reformbewegung für Proteste genutzt werden.
Mussawi erklärte unterdessen auf seiner Website, dass das klerikale Establishment immer mehr Glaubwürdigkeit verliere und die Studenten nicht zum Schweigen bringen könne. "Eine große Nation kann nicht still bleiben, wenn einige ihre Stimmen stehlen", sagte Mussawi. Nach der von Manipulationsvorwürfen überschatteten Wahl vom 12. Juni war es zu Massenprotesten gekommen, die Millionen auf die Straße brachten. Die Sicherheitskräfte schlugen die Proteste nieder, zahlreiche Oppositionelle wurden verhaftet.