Thailand Hunderte Deutsche vermisst

Die Helfer in Thailand haben sich zu bisher unzugänglichen Regionen vorgearbeitet. Unter Schlamm- und Schutt entdecken sie zahlreiche Tote, darunter auch immer mehr Deutsche.

Unter den Todesopfern der Flutkatastrophe in Thailand sind mindestens 49 deutsche Urlauber, teilte das thailändische Innenministerium am Mittwoch in Bangkok mit. Die Menschen seien auf den beliebten Urlaubszielen Phuket und in Khao Lak ums Leben gekommen. Mehrere tausende Touristen werden noch vermisst, hieß es. Insofern stelle die Liste des Innenministeriums nur eine vorläufige Bilanz dar. Die zum Teil durch Trümmer schwer verstümmelten Leichen der deutschen Urlauber müssten nach Angaben des Auswärtigen Amtes noch identifiziert werden. Mit dieser Aufgabe wurden Experten des Bundeskriminalamtes betraut, die bereits auf dem Weg nach Thailand seien.

Die Behörden befürchten, dass es nicht bei dieser Opferzahl bleibt. Die Zahl der vor allem in Thailand vermissten deutschen Touristen bewege sich im dreistelligen Bereich, sagte Außenminister Joschka Fischer am Dienstag in Berlin. "Wir müssen das Schlimmste befürchten", sagte der Grünen-Politiker. Informationen über die getöteten oder verletzten Reisenden werden zentral über das Auswärtige Amt veröffentlich. Darauf hätten sich die großen deutschen Reiseveranstalter geeinigt, teilten die Unternehmen mit.

Erst zwei Tage nach der Flutwelle konnten die Helfer in bisher nicht zugängliche Landstriche vordringen. So haben thailändische Soldaten am Dienstag in einem Urlaubsgebiet nördlich der Insel Phuket mit der Bergung von Leichen begonnen. Nach Angaben des Polizeichefs für den Bezirk Takua Pa, nördlich der Ferieninsel Phuket, teilte mit, dass allein in Khao Lak und zwei weiteren Orten mehr als 1500 Tote geborgen worden seien.

Unter den Toten sind mehr als 700 ausländische Touristen, wie der stellvertretende Innenminister Sutham Saengprathum mitteilte. In einem buddhistischen Tempel in Takua Pa, 150 Kilometer nördlich von Phuket, wurden am Dienstag 200 Leichen aufgebahrt. Von ihnen seien 60 bis 70 Prozent Ausländer, sagte ein Freiwilliger der Hilfsorganisation Ruam Katanyu.

Weitgehend zerstört wurden die Urlaubsanlagen auf dem 30 Kilometer langen Strandabschnitt zwischen Takua Pa und Khao Lak. Die Hotelanlagen wie Le Meridien, Novotel, Khao Lak Laguna, Sofitel Magic Lagoon Resort und Similan Beach and Spa Resort wurden von den Wellen zerstört. Nach Augenzeugenberichten ist die Gegend ein einziges Trümmerfeld aus Gebäuderesten, Autos, Bäumen und Schlamm. Auf dem Strand hing der Geruch verwesender Leichen in der Luft.

Rund die Hälfte der 5000 Urlauber in Khao Lak seien vermutlich getötet worden, sagte ein Hotelbesitzer. Der Ort gilt als beliebtes Ziel deutscher und skandinavischer Urlauber. Allein in dem von der französischen Accor-Kette betriebenen Sofitel Hotel in Khao Lak wurden noch 500 Menschen - Urlauber und Mitarbeiter - vermisst. Der Großteil der etwa 350 Gäste sei aus Deutschland angereist, teilte das Unternehmen in Paris mit. Die meisten Urlauber hätten sich im Speisesaal aufgehalten, als die durch das schwerste Erdbeben seit 40 Jahren ausgelösten Flutwellen in das Gebäude krachten, Pfeiler zerschlugen und zwei der drei Stockwerke verwüsteten, sagte ein Offizier. Seine Soldaten hätten bisher 30 Leichen aus den Trümmern gezogen, auch die von Kindern.

Ebenfalls in Khao Lak vermisst der Reiseveranstalter TUI noch 80 deutsche Urlauber. Zu diesen Gästen bestehe nach wie vor kein Kontakt, sagte eine Sprecherin des Reisekonzerns am Dienstag in Hannover. "Wir hoffen, dass sie sich ins Hinterland geflüchtet haben und sich so retten konnten."

Auf Phuket sucht der Tourismuskonzern Thomas Cook noch etwa 300 seiner Kunden. Bislang seien mehr als zwei Drittel der rund 1000 Gäste in Phuket kontaktiert worden, sagte ein Unternehmenssprecher am Dienstag in Oberursel. Das Unternehmen habe zusätzliche Reiseleiter und Helfer nach Phuket gebracht, um dort nach den Vermissten zu suchen. Bis Freitag wolle Thomas Cook alle Gäste ausfliegen. Bislang seien 650 Gäste mit eigenen Flügen und etwa 150 mit Linienflügen nach Deutschland zurückgekehrt.

Eltern, die ihr Kind seit der Flutwelle nicht mehr gesehen haben

Von den vermissten Gästen seien möglicherweise viele in Panik ins Hinterland geflüchtet, andere könnten verletzt in Krankenhäusern liegen, vermuten die Reiseunternehmen. Die Deutsche Botschaft hat kurzfristig Zweigstellen in den besonders betroffenen Regionen Thailands aufgebaut. So betreut eine Gruppe von Botschaftsangehörigen deutsche Urlauber auch an der Sammelstelle auf Phuket, wo die Urlauber auf ihren Flug in die Heimat warteten. Nach den Angaben eines Botschaftssprechers sei das Chaos groß. Bei dem Umglück am Sonntag auch Familien auseinander gerissen. Es gebe Eltern, die ihr Kind seit der Flutwelle nicht mehr gesehen hätten.

AP · DPA · Reuters
DPA/AP/Reuters