Der Sturm auf das US-Kapitol, der Versuch, aus seiner Wahlniederlage einen Sieg zu machen, sein Umgang mit Geheimdokumenten: Donald Trump hat eine ganze Reihe von Ermittlungsverfahren am Hals (die Sie hier nachlesen können) und daher auch jede Menge Anwälte, die ihn vor Strafe bewahren sollen. Im Fall Stormy Daniels ist das vor allem Joe Tacopina. Der prominente Verteidiger soll dafür sorgen, dass die Klage gegen Trump wegen einer möglicherweise illegalen Schweigegeldzahlung an die ehemalige Pornodarstellerin abgeschmettert wird. In Trumps Team gibt es jedoch ernsthafte Zweifel, dass Tacopina für den Job geeignet ist, wie der "Rolling Stone" berichtet.
Berater sollen Trump vor Tacopina gewarnt haben
Eine Reihe von Trumps anderen Anwälten hätten Tacopina im Privaten als "dumm" und als "Großmaul" bezeichnet, schreibt das US-Magazin unter Berufung auf eine mit der Angelegenheit vertraute Quelle und eine weitere Trump nahestehende Person. Beide Quellen hätten gesagt, dass einige von Trumps Anwälten und Beratern den Ex-Präsidenten gewarnt hätten, er solle mit Tacopina vorsichtig sein und könne nicht auf die Loyalität des Anwalts vertrauen. "Er verärgert andere mit seinen Mätzchen, aber er ist eine stumpfe Waffe, die Donald Trump offenbar will", zitiert der "Rolling Stone" eine der Personen. Eine dritte Quelle, die mit der Angelegenheit vertraut sei, habe Tacopina "so einen verdammten Idioten" genannt.
Tacopina selbst sieht das naturgemäß ganz anders: "Wenn anonyme Quellen Kommentare abgeben, in denen sie andere kritisieren, zeugt das von Neid und Feigheit", wies er die Aussagen zurück, als das Magazin ihn damit konfrontierte. "Jeder, der sich meine Erfolgsbilanz bei Prozessen und die Ergebnisse, die ich für meine Klienten erzielt habe, ansieht, kann nicht ernsthaft meine Arbeit oder meine Intelligenz kritisieren."
In der Tat hat Tacopina bereits einige hochkarätige Mandanten vertreten, darunter Michael Jackson, die Rapper Meek Mill und Asap Rocky, den Baseballspieler Alex Rodriguez und den 40. Polizeichef von New York, Bernie Kerik. Außerdem war er mehr als ein Jahrzehnt lang in leitender Funktion bei mehreren italienischen Fußballvereinen tätig und arbeitete als Experte in amerikanischen Medien. Auf seiner Internetseite rühmt sich der 56-Jährige damit, dass er einmal vom Männermagazin "GQ" als "der bestgekleidete, redegewandteste und am härtesten arbeitende Strafverteidiger" beschrieben wurde.
Trump wegen sexuellen Missbrauchs verurteilt – diese juristischen Probleme hat er noch am Hals

Die heute 79-jährige Carroll hatte Trump beschuldigt, sie im Frühjahr 1996 in der Umkleidekabine des New Yorker Luxus-Kaufhauses Bergdorf Goodman vergewaltigt zu haben. Öffentlich machte die langjährige Kolumnistin des Magazins "Elle" ihren Vorwurf erst 2019, als Trump Präsident war. Trump bezichtigte Carroll der Lüge und erklärte, sie sei nicht sein "Typ".
Strafrechtlich waren die Vorwürfe verjährt, doch zivilrechtlich konnte Carroll gegen den Milliardär vorgehen, und so verklagte Carroll Trump in New York wegen Verleumdung und im vergangenen November in einer zweiten Klage wegen der mutmaßlichen Vergewaltigung selbst sowie erneut wegen Verleumdung. Sie verlangte Schmerzensgeld und Schadenersatz in nicht genannter Höhe. Weil es sich um einen Zivilprozess und nicht um ein Strafverfahren handelte, drohte Trump keine Gefängnisstrafe.
Für die Geschworenen war der Fall offenbar klar: Nach weniger als dreistündigen Beratungen sprachen sie Carroll fünf Millionen Dollar (rund 4,5 Millionen Euro) zu – zwei Millionen Dollar wegen sexuellen Missbrauchs und drei Millionen Dollar wegen Verleumdung. Ihr Urteil sei für alle Frauen, die ähnliches erlebt hätten, sagte die Autorin nach der Entscheidung. Es gehe ihr nicht um das Geld. Sie habe ihren Namen reinwaschen wollen. Und sie hätte Trump gerne im Zeugenstand vor Gericht gesehen.
Trumps Anwalt Joe Tacopina kündigte an, gegen das Urteil in Berufung zu gehen. Er verwies unter anderem darauf, dass Carroll Trump stets Vergewaltigung zur Last gelegt habe, die Geschworenen aber lediglich sexuellen Missbrauch anerkannt hätten. Trump selbst reagierte erbost auf den Ausgang des Zivilprozesses. "Dieses Urteil ist eine Schande, eine Fortsetzung der größten Hexenjagd aller Zeiten", wetterte der 76-jährige auf seiner Onlineplattform Truth Social. Mit Blick auf Carroll erklärte Trump: "Ich habe überhaupt keine Ahnung, wer diese Frau ist."
Vor dem Urteil hatte der Ex-Präsident fälschlicherweise behauptet, er habe sich in dem Verfahren nicht "verteidigen" dürfen. Trump war dem Prozess aus eigenen Stücken ferngeblieben, zu einem Erscheinen vor Gericht war er nicht verpflichtet. Trump war während des Prozesses sogar zu einem Golfplatz in Schottland gereist, der ihm gehört.
Doch so glatt, wie er vorgibt, verlief Tacopinas Karriere nicht: "Er hatte auch schon einige ebenso prominente Misserfolge, darunter die bittere Trennung von Kerik", schreibt der "Rolling Stone". Tacopinas Zusammenarbeit mit dem ehemaligen Polizeichef endete damit, dass Kerik ihn wegen angeblichen Fehlverhaltens verklagte, die Klage wurde allerdings später abgewiesen.
Tacopina bestreitet Trump-Lüge
Auch bei seiner Verteidigung von Donald Trump macht Tacopina nicht immer eine gute Figur. So versuchte der Anwalt bei einem seiner zahlreichen Fernsehauftritte in den vergangenen Tagen einem Moderator des Senders MSNBC während eines hitzigen Interviews ein Papier wegzunehmen, das dieser in der Hand hielt. Zudem behauptete er, Trumps anfängliche und später revidierte Aussage, er habe Stormy Daniels kein Geld zukommen lassen, sei keine Lüge gewesen, da sie nicht unter Eid gemacht wurde.
"Eine Lüge ist für mich etwas Wesentliches, das unter Eid in einem Verfahren gemacht wird", argumentierte Tacopina. Als der Moderator nachhakte und erklärte, er habe nicht gefragt, ob Trump einen Meineid geleistet habe, sondern nur, ob die Aussage wahr oder falsch sei, antwortete Tacopina: "Es ist keine Lüge, weil es eine vertrauliche Vereinbarung war. Wenn er das also zugeben hätte, hätte er gegen die vertrauliche Vereinbarung verstoßen."

Zudem bezeichnete Tacopina den Deal mit Daniels als "reine Erpressung", bestritt, dass Trump eine Affäre mit der früheren Pornodarstellerin hatte und dementierte jegliche Möglichkeit, dass Trump mit der Zahlung Wahlkampfgesetze verletzt haben könnte. Noch 2018 hatte der Anwalt dagegen während seiner Auftritte als Rechtskommentator beim US-Sender CNN angedeutet, dass er glaube, dass Trump eine Affäre mit Daniels hatte und dass die Zahlung, sollten die Fakten so sein, wie von Daniels behauptet, in den Formularen zur Wahlkampffinanzierung hätte angegeben werden müssen, was aber nicht der Fall war und was "ein echtes Problem" sein könnte.
Dem "Rolling Stone" sagte Tacopina nun, dass er seine Meinung nicht geändert habe, weil seine früheren Kommentare hypothetisch gewesen seien, während er jetzt die Fakten des Falles kenne.
Donald Trump macht sich wegen Tacopina oder des teaminternen Zoffs offenbar bislang keine Sorgen. Auf die Frage des "Rolling Stone" nach einem Kommentar dazu antwortete ein Sprecher des 76-Jährigen: "Präsident Trump hat das stärkste juristische Team, das ihm zur Verfügung steht, während er gegen den radikalen Staatsanwalt von Manhattan und andere wütende Demokraten kämpft, die das Justizsystem als Waffe einsetzen, um den führenden republikanischen Präsidentschaftskandidaten zu verfolgen."
Quellen: "Rolling Stone", tacopinalaw.com, "The Hill", MSNBC.