Nach dem Anschlag von Sousse Tunesischer Präsident verhängt den Ausnahmezustand

Tunesische Sicherheitskräfte haben zusätzliche Befugnisse bekommen
Tunesische Sicherheitskräfte stehen an einem Strand von Sousse
© Mohamed Messara/DPA
Eine Woche nach dem tödlichen Anschlag auf ein Touristenhotel in Tunesien bekommen die Sicherheitskräfte vorübergehend mehr Befugnisse. Der tunesische Präsident hat den Ausnahmezustand ausgerufen.

Eine Woche nach dem Anschlag auf ein Strandhotel in Tunesien hat die tunesische Staatsführung den Ausnahmezustand verhängt. Präsident Béji Caid Essebsi habe den Ausnahmezustand erklärt und werde am Nachmittag eine Rede an die Nation halten, verlautete aus dem Präsidentenamt in Tunis.

Ein 23-jähriger Attentäter hatte am Freitag vergangener Woche vor einem Strandhotel nahe Sousse 38 Menschen erschossen, bevor er selbst getötet wurde. Unter den Opfern waren auch zwei Deutsche. Zu dem Anschlag bekannte sich die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat. Das Attentat auf das Hotel Riu Imperial Marhaba war das bislang blutigste in der Geschichte Tunesiens.

Junge Tunesier aus Frust im "Heiligen Krieg"

Seit dem Sturz des langjährigen Machthabers Zine El Abidine Ben Ali im Januar 2011 hat die islamistische Gewalt in dem nordafrikanischen Land deutlich zugenommen. Viele junge Tunesier ziehen offenbar aus Frust über mangelnde Perspektiven in den "Heiligen Krieg". Mehr als 3000 Tunesier sollen sich bereits islamistischen Milizen im Irak, in Syrien und im Nachbarland Libyen angeschlossen haben.

In Tunesien hatten die Behörden schon während der Jasminrevolution Anfang 2011 den Ausnahmezustand verhängt. Damals durften die Sicherheitskräfte unter anderem schießen, wenn sich ein Verdächtiger widersetzte oder zu fliehen versuchte. Die Regierung hob die Maßnahme erst im März 2014 nach mehrfachen Verlängerungen wieder auf.  

Moscheen bleiben geschlossen

Auch gegen Hassprediger geht die Regierung vor: Wie die staatliche Nachrichtenagentur Tap berichtete, sollen bis Sonntag die rund 80 Moscheen, die nicht unter staatlicher Kontrolle stehen, geschlossen sein. Ferner gab die Regierung am Samstag bekannt, den Vorsitzenden des Hohen Islamischen Rates, Abdallah Wassif, zu entlassen, weil er sich bei einem Radiosender über ein Programm beschwert hatte, durch das er die religiösen Werte des Landes beschädigt sah.

Im BBC-Interview räumte Ministerpräsident Essid ein, dass die Polizei bei dem Terrorangriff vor gut einer Woche zu langsam gehandelt habe. Augenzeugen hatten berichtet, dass der Täter rund 30 Minuten um sich schießen und 38 Menschen töten konnte, bevor er gestellt und erschossen wurde. "Die Zeit der Reaktion - das ist das Problem", sagte Essid dem Sender.

Nach Angaben des Regierungschefs wurde der Täter in Libyen trainiert, "vermutlich" von der Miliz Ansar al-Scharia. Die salafistische libysche Gruppierung steht auf der Terrorliste der USA, weil sie an dem Angriff auf das US-Konsulat in Bengasi beteiligt gewesen sein soll, bei dem im September 2012 der Botschafter Christopher Stevens getötet wurde. Auch eine tunesische Gruppe des Namens ist in Libyen aktiv.

AFP · DPA · Reuters
mka