Die Botschaft hat neun Nullen und ist unmissverständlich: Die Ukraine wird sich weiter zur Wehr setzen – und die USA werden dafür sorgen.
US-Präsident Joe Biden hat den Kongress gebeten, eine gewaltige Summe zur Unterstützung der Ukraine gegen den russischen Kriegszug locker zu machen: 33 Milliarden US-Dollar (31, 4 Milliarden Euro) sollen bewilligt werden, davon 20 Milliarden für militärische und etwa 8,5 Milliarden für wirtschaftliche Hilfen. Das Geld soll auch zur Aufstockung der US-Truppen in Europa genutzt werden sowie zur Unterstützung benachbarter Länder, die in großer Zahl ukrainische Flüchtlinge aufgenommen haben. Die US-Regierung hatte zuvor schon mehrere große Pakete zur Unterstützung der Ukraine auf den Weg gebracht.
Artillerie und Panzer: Mit diesen Waffen unterstützen andere Nato-Staaten die Ukraine

"Wir müssen das tun", sagte Biden bei einem Auftritt im Weißen Haus am Donnerstag. Die Kosten des Kampfes seien nicht billig. Noch teurer käme es aber zu stehen, Russlands Aggression unbeantwortet zu lassen, verteidigte der Präsident seinen Antrag. "Entweder unterstützen wir das ukrainische Volk bei der Verteidigung seines Landes oder wir sehen zu, wie Russland seine Gräueltaten und Aggressionen in der Ukraine fortsetzt."
Es ist eine beispiellose Summe, mit der das Weiße Haus in den kommenden fünf Monaten die US-Hilfe finanzieren will. Und mehr als nur eine Bitte Bidens: Die Finanzspritze ist Teil einer umfassenderen Mission, um sicherzustellen, dass die Ukraine "hat, was sie braucht, um diesen Krieg zu gewinnen", zitierte das US-Portal "Axios" einen Regierungsbeamten.
Damit zeichnet sich immer deutlicher ab, welches Ziel die USA und ihre westlichen Verbündeten im Kampf gegen den russischen Aggressor verfolgen: einen Sieg der Ukraine.
- "Wir werden schneller handeln und weitergehen, um Russland aus der gesamten Ukraine zu verdrängen", sagte Großbritanniens Außenministerin Liz Truss. Damit wäre auch die Krim-Halbinsel gemeint, die Russland 2014 annektiert hatte. Ein Sieg der Ukraine in diesem Krieg sei nun ein "strategischer Imperativ" für den Westen, so Truss.
- "Sie können gewinnen, wenn sie die richtige Ausrüstung und die richtige Unterstützung haben", sagte US-Verteidigungsminister Lloyd Austin über die Lage der Ukrainer. "Der erste Schritt zum Sieg ist der Glaube daran, dass man gewinnen kann."
- "Sie wird weitergehen, bis wir einen endgültigen Erfolg sehen", sagte US-Außenminister Antony Blinken zur Unterstützung für die Ukraine. "Wir wollen, dass Russland so weit geschwächt wird, dass es zu so etwas wie dem Einmarsch in der Ukraine nicht mehr in der Lage ist."
Wo ein "Sieg" der Ukraine beginnt – und damit eine Niederlage Russlands –, wird nicht ausbuchstabiert, hingegen aber die Erwartung auf eine "anhaltende Kraftanstrenung, ein längerer Krieg", wie Bidens Sprecherin Jen Psaki im Nachgang erklärte.
Der Druck nimmt zu. Was folgt daraus?
Die Friedensgespräche zwischen Moskau und Kiew liegen praktisch auf Eis, die Ukraine und ihre Partner stellen sich auf einen langanhaltenden Kampf ein. Folglich wird das Land massiv aufgerüstet. Unlängst werden auch schwere Waffen geliefert, sogar von Deutschland.
Dem gegenüber steht ein russischer Präsident, der bisher kein Interesse zeigt, seinen Kriegszug zu beenden, obwohl er sich dabei offenkundig verkalkuliert hat. Allein der Ausblick auf eine mögliche Schmach auf dem Schlachtfeld, und den damit einhergehenden Gesichtsverlust, lässt Wladimir Putin die Kampfhandlungen in der Ukraine brutalisieren und intensivieren.
Der Druck auf den Kriegstreiber nimmt zu, und mit dem Druck die scharfe Rhetorik und Drohgebärden. Moskau hat Polen und Bulgarien den Gashahn zugedreht, droht Unterstützern der Ukraine mit "blitzschnellen" Gegenschlägen und der Welt mit einem Dritten Weltkrieg. Die massive Aufrüstung und Unterstützung der Ukraine erhöht nun den Einsatz für Russland – und die Gefahr einer weiteren Eskalation.
- "Die Gefahr ist ernst, real", sagte der russische Außenminister Sergej Lawrow. "Wir sollten den Dritten Weltkrieg nicht zulassen." Lawrow warf der Nato vor, einen Stellvertreterkrieg gegen Russland zu führen und betonte, dass die russischen Truppen in der Ukraine die westlichen Waffen als "legitimes Ziel" ansehen würden.
- "Blitzschnell, rasch" werde die russische Antwort auf äußere Einmischungsversuche in der Ukraine ausfallen, sagte Präsident Putin, die für Russland eine unannehmbare strategische Bedrohung schaffen würden. Für mögliche Gegenschläge habe Russland "alle Instrumente". "Und wir werden nicht prahlen. Wir werden sie anwenden, wenn es nötig ist. Und ich will, dass alle das wissen."
Militärexperten halten eine nukleare Ausweitung des Kriegs zwar für unwahrscheinlich. Moskau versucht offenkundig Angst zu schüren und die Entschlossenheit des Westens zu schmälern. Alt-Bundespräsident Joachim Gauck bezeichnete Lawrows Äußerungen als einen Einschüchterungsversuch. Dennoch werden die Drohungen mit Sorge aufgenommen.
- "Niemand will einen Atomkrieg. Niemand kann das gewinnen", sagte US-Verteidigungsminister Austin. Jedes Gerede über den möglichen Einsatz von Atomwaffen sei "sehr gefährlich und wenig hilfreich." Austin betonte, die USA täten alles in ihrer Macht Stehende, um zu verhindern, dass der Krieg über die Grenze der Ukraine hinaus außer Kontrolle gerate.
- "Ich habe sehr früh gesagt, dass wir alles tun müssen, um eine direkte militärische Konfrontation zwischen der Nato und einer hochgerüsteten Supermacht wie Russland, einer Nuklearmacht, zu vermeiden", sagte Bundeskanzler Olaf Scholz. "Ich tue alles, um eine Eskalation zu verhindern, die zu einem dritten Weltkrieg führt. Es darf keinen Atomkrieg geben."
- "Ich glaube ernsthaft, dass ein Atomkrieg undenkbar ist", sagte UN-Generalsekretär António Guterres, "und wir müssen alles tun, was möglich ist, um ihn unmöglich zu machen."
Das Dilemma: Wann ein Land als Kriegspartei gilt, ist im Völkerrecht ausbuchstabiert – nur was kümmert es Putin, der es durch seinen Feldzug zur Makulatur erklärt hat? "Es gibt kein Lehrbuch für diese Situation, in dem man nachlesen könnte, ab welchem Punkt wir als Kriegspartei wahrgenommen werden", begründete Kanzler Scholz daher die zögerliche Haltung der Bundesregierung zur Lieferung von schweren Waffen. "Das Buch wird täglich neu geschrieben, manche Lektionen liegen noch vor uns."
US-Präsident Biden verband seine Bitte um zusätzliche Mittel für die Ukraine daher auch mit einer Feststellung: "Wir greifen Russland nicht an." Seine Regierung helfe der Ukraine, sich gegen die russische Aggression zu verteidigen. "Russland ist der Aggressor." Die Weltkriegsdrohungen aus Moskau nannte er "unverantwortlich". Dennoch: "Wir sind auf alles vorbereitet, was sie tun."
Künftig soll es auch die Ukraine sein.