Kurz vor Beginn des Ukraine-Kriegs hatte die Münchner Sicherheitskonferenz (MSC) eine Umfrage unter den großen Wirtschaftsstaaten (G7 sowie Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) vorgestellt. Der "Munich Security Index" kam zu dem Schluss, dass sich die Bürger angesichts vieler Krisen vor allem in den liberalen Demokratien überfordert fühlten. Von Hilflosigkeit war sogar die Rede. Jetzt hat die MSC anlässlich des auf Schloss Elmau stattfindenden G7-Treffens eine Sonderausgabe ihrer Risikoumfrage herausgebracht. Fazit: Die russische Invasion in Ukraine überstrahlt alle bisherigen Sorgen, die Menschen empfinden tatsächlich eine "Zeitenwende".
Risikoumfrage: An einem historischen Wendepunkt anlangt
"Der Krieg hat die Risikowahrnehmung in den G7-Gesellschaften radikal verändert und eine tiefgreifende Neubewertung der Bedrohung durch Russland und bis zu einem gewissen Grad durch China ausgelöst", heißt es in der Studie, die dem stern vorliegt. Es herrsche das Gefühl, an einem "historischen Wendepunkt angelangt" zu sein. Befragt wurden jeweils 1000 Menschen in den G7-Staaten Kanada, Frankreich, Italien, Großbritannien, Deutschland, USA und Japan.
Als Ausrichter des Treffens der sieben große Wirtschaftsmächte hatte die deutsche Regierung eine ohnehin schon prall gefüllte Agenda, die durch die Aggression des Kremls nun neu austariert werden muss. Klimawandel, Extremwetter, ökonomische Schwierigkeiten sowie die zunehmende globale Ungleichheit galten bei der letzten MSC-Befragung vom November noch als drängendste Sorgen, sie geraten durch den Einmarsch Russlands in die Ukraine in den Hintergrund. "Darüber hinaus verschlimmern die Auswirkungen des Krieges, einschließlich steigender Lebensmittel- und Energiepreise, bereits bestehende Krisen", so die Autoren der Untersuchung mit dem Titel "Zeitenwende for the G7".
Angriffe, Flüchtende, Gas-Lieferungen: Grafiken zum Konflikt in der Ukraine

G7 muss "breite Zusammenarbeit" suchen
Im Risiko-Ranking der G7-Staaten am stärksten zurückgegangen ist die Sorge vor der Corona-Pandemie. Rangierte sie Ende vergangenen Jahres noch auf Platz 5, liegt sie nach der neuen Befragung nur noch auf Platz 23 und damit hinter Bedrohungen wie Handelskriege, islamistischer Terror und politische Spaltung. "Risiken im Zusammenhang mit Russland, dem Einsatz von Massenvernichtungswaffen (nuklear oder chemisch) sowie die direkten Kriegsfolgen wie Nahrungsmittelknappheit und Probleme mit der Energieversorgung sind nach oben geschossen", heißt es in der Studie. Und weiter: "Die G7-Staaten werden auf ihrem Gipfel die Anforderungen einer 'Zeitenwende' mit den Erfordernissen anhaltender globaler Bedrohungen und der dauerhaften Notwendigkeit einer breiten Zusammenarbeit in Einklang bringen müssen."