Podcast "Ukraine – die Lage" "Massengrab für russische Soldaten": Militärexperte Mölling nennt russischen Vorstoß im Osten der Ukraine "Wahnsinn"

Ukrainischer Soldat in der Nähe der Stadt Awdijiwka
Ukrainischer Soldat in der Nähe der Stadt Awdijiwka
© Evgeniy Maloletka / AP / DPA
Die russischen Streitkräfte nehmen bei ihrem Vorstoß in der Umgebung des ukrainischen Orts Awdijiwka nach Einschätzung des Sicherheitsexperten Christian Mölling keinerlei Rücksicht auf die eigenen Verluste.

Die russischen Streitkräfte nehmen bei ihrem Vorstoß in der Umgebung des ukrainischen Orts Awdijiwka nach Einschätzung des Sicherheitsexperten Christian Mölling keinerlei Rücksicht auf die eigenen Verluste. Mölling sagt am Dienstag in der 163. Ausgabe des stern-Podcasts "Ukraine – die Lage", eine vergleichbare Offensive habe es an der Front lange Zeit nicht gegeben. Die Russen träfen auf ein Gebiet, das von den Ukrainern sehr gut befestigt sei und bislang erfolgreich verteidigt werde. Trotzdem würden die russischen Kommandanten große Mengen Material und zahlreiche Soldaten einsetzen, um den Angriff fortzusetzen.

"Massengrab" im Osten der Ukraine

Offenbar würden auch kaum ausgebildete Männer an die Front geschickt. Es gebe zwar keine genauen Zahlen, aber die Schätzungen über die russischen Verluste seien "dramatisch hoch".  Der Forschungsdirektor der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik geht davon aus, "dass dahinter eine klassisch politische Motivation steht; die klassisch sowjetisch umgesetzt wird" – dass die Militärs also den Befehl hätten, die in Moskau gewünschten Ergebnisse um jeden Preis zu liefern. "Das ist ja wirklich Wahnsinn", sagt Mölling. Awdijiwka werde "zu einem Massengrab für russische Soldaten und ein Schrottplatz für russisches Material".

Dem Westen wirft Mölling vor, die Ukraine zwar so auszurüsten, dass sie den Kampf fortführen könne – ihr aber die Hilfe zu verweigern, die für eine zügige Beendigung des Krieges zu ihren Gunsten nötig sei. Er warnt davor, darauf zu setzen, dass zerstörtes russisches Kriegsgerät nicht ersetzt werden könne. "Wir dürfen nicht statisch auf die Situation gucken", sagt er.

Während Russlands Kriegsmaschine laufe, geschehe in Europa auch mit Blick auf die eigene Sicherheit bisher viel zu wenig. Dies könne sich rächen. Westeuropa sei Russland zwar wirtschaftlich überlegen, aber "wenn ich null Euro in mehr Feuerkraft investiere, dann kommt auch nichts". Es gebe Schätzungen darüber, wie lange Russland brauchen werde, um wieder eine Armee zu schaffen, die für die Nato zum Problem wird. "Diese Zeit ist ungefähr fünf bis zehn Jahre – und man sollte sich nicht auf die zehn Jahre verlassen", sagt Mölling.

Die unzureichende Vorbereitung Europas auf eine mögliche Aggression sei ein Signal an Russland, "das sagt: Die packen es sowieso nicht". Und damit der Führung in Moskau die Perspektive eröffne, ihren Expansionskurs über die Ukraine hinaus fortzusetzen.

wue