Podcast "Ukraine – die Lage" Panzerdebatte: Sicherheitsexperte Mölling erwartet massiven Schaden für Deutschland

Christian Mölling (Verteidigungsexperte)
"Das Einzige, was ich nicht höre, ist: Wir haben den großen Plan", sagt Sicherheitsexperte Christin Mölling
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Der Sicherheitsexperte Christian Mölling fürchtet, dass die lange Debatte um die Lieferung von Kampfpanzern an die Ukraine Deutschland massiv schaden wird: "Wir werden an Einfluss, an Macht verlieren. Es geht nicht nur um unsere Reputation."

Der Sicherheitsexperte Christian Mölling erwartet, dass die lange Debatte um die Lieferung von Kampfpanzern an die Ukraine Deutschland massiv schaden wird. Mölling sagte zum langen Zögern der Bundesregierung am Freitag im stern-Podcast "Ukraine – die Lage": "Wir werden an Einfluss, an Macht verlieren, weil wir uns so verhalten haben. Es geht nicht nur um unsere Reputation." Der Konflikt mit den Partnern werde "massive Konsequenzen für die Durchsetzung unserer Interessen" haben. Nach Einschätzung des Forschungsdirektors der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik ist das Verhältnis Deutschlands zu seinen wichtigsten Partnern zerrüttet. Die Amerikaner seien über das Verhalten der Deutschen "zutiefst genervt". "Ich bin sehr gespannt, wo das endet", sagte Mölling. In Europa sieht er ebenfalls große Verwerfungen. Wir stünden " jetzt vor einer Situation, wo Deutschland mit seinen Partnern nicht mehr zusammen kann.", beklagte er. "Wir gucken nach Osten, nach Warschau – das läuft nicht. Wir gucken nach Westen, nach Frankreich – dieses Verhältnis liegt so danieder." Das führe zu der Frage: "Wie will Deutschland Sicherheit in Europa herstellen, wenn es alle Partner verprellt?"

"Schlag ins Gesicht" der Partner

Mölling sagte, bei der Lieferung von Leopard-Panzern gehe es letztlich darum, wie weit Deutschland bereit sei zu gehen, um die Ukraine zu unterstützen. Diese deutsche Debatte sei in den vergangenen Tagen internationalisiert worden. "Auf einmal stimmt die europäische und transatlantische Community mit ein und sagt: Jetzt ist es aber Zeit, die Panzer zu liefern." Die Drohung der Polen, notfalls auch ohne die eigentlich erforderliche Zustimmung Deutschlands Leopard-Panzer in die Ukraine zu schicken, zeige, "wie schlecht die Optionen sind, die jetzt im Raum stehen". Als Beleg für die Probleme mit den Partnern führte er auch die Debatte um Schützenpanzer an. Auch da "mussten die USA mitmachen und sagen: Okay, wir bauen dir eine Brücke, Olaf, damit du liefern kannst". Dies bezeichnete der Experte als "Schlag ins Gesicht anderer Partner – es heißt offensichtlich, dass die Europäer als Partner nicht gelten". Dies sei ein "Doppelstandard": "Einerseits wollen wir mehr europäisch machen, andererseits geht ohne die Amerikaner zum jetzigen Zeitpunkt überhaupt nichts. Das passt nicht zusammen."

Panzerdebatte: Ukraine-Krieg muss Vorrang haben

Mölling wies Befürchtungen zurück, dass die Waffenlieferungen an die Ukraine die ohnehin angeschlagene Bundeswehr zu stark schwächen könnten. "Der reale Krieg heute und der mögliche Krieg morgen hängen miteinander zusammen", sagte er. Ein Sieg der Ukraine sei die beste Voraussetzung "damit wir den nächsten Krieg Russlands gegen einen Nato-Staat nicht kämpfen müssen". Im Grunde genommen gebe es mehrere Verteidigungslinien gegen die imperialistische Macht Russland; die Ukraine sei eine davon – "danach kommt Warschau und dann kommt Berlin". Auf dem Spiel stehe die Sicherheit Europas. Denn: "Das Ziel Putins ist es ja nicht nur, die Ukraine zu zerschlagen." Auf die Frage, ob auf die Panzerdebatte nun eine weitere Debatte etwa um Kampfflugzeuge folge, sagte Mölling, es komme nicht darauf an, ob ein Waffensystem fahre, schwimme oder fliege, sondern darauf, "was bestimmt Sieg oder Niederlage im konventionellen Bereich".

rw