Podcast "Ukraine – die Lage" Sicherheitsexperte Mölling: "Glaube nicht, dass wir innerhalb der nächsten zwei Jahre einen Waffenstillstand sehen"

Ein Soldat feuert mit seiner Haubitze in Richtung russischer Stellungen bei Bachmut im Osten der Ukraine
Ein Soldat feuert mit seiner Haubitze in Richtung russischer Stellungen bei Bachmut im Osten der Ukraine
© Alex Babenko / AP / DPA
Trotz der Gegenoffensive der Ukraine glaubt Sicherheitsexperte Christian Mölling nicht, dass der Krieg bald vorbei sein wird. "Es ist und bleibt ein Wettlauf gegen die Zeit; es ist halt bloß ein Marathon und kein Sprint", sagt er im stern-Podcast "Ukraine – die Lage".

Der Sicherheitsexperte Christian Mölling erwartet, dass der Krieg in der Ukraine noch Jahre andauern wird. Mölling sagt am Dienstag im in der 137. Folge des stern-Podcasts "Ukraine – die Lage", er könne sich vorstellen, "dass das Niveau der Auseinandersetzung immer ein bisschen rauf und runter geht, aber es wird keinen Moment des Friedens oder der Entspannung geben". Er betont, dass auch das Ende der gegenwärtigen Offensive nicht das Ende des Krieges sein werde. "Ich glaube nicht, dass wir innerhalb der nächsten zwei Jahre einen Waffenstillstand sehen", sagt der Forschungsdirektor der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik.

"Bittere Erfahrungen" für die Ukrainer

Im Moment versuche die Ukraine bei ihrer Offensive herauszufinden, an welcher Stelle die russischen Befestigungen überwunden werden könnten. "Man testet, wo die Wand, vor der man steht, am dünnsten ist – und man ein Loch reinschlagen kann", erläuterte Mölling. Dies erkläre auch, warum besonders kampfstarke Verbände noch zurückgehalten werden. "Wenn man diesen Punkt – oder diese Punkte – hat, dann wird man sicherlich diese Kräfte zum Einsatz bringen." Dann komme es darauf an, "dass man dann einen Keil hat, der mit sehr viel Kraft vorangetrieben wird". Mölling warnt aber vor der Erwartung, dass eine einzige Offensive ausreichen werde, die russischen Truppen vom gesamten Staatsgebiet der Ukraine einschließlich der Krim zu vertreiben.

Der Experte spricht von "bitteren Erfahrungen", die die Ukrainer im Moment auf dem Schlachtfeld machten. In den vergangenen Wochen sei klar erkennbar geworden, was der Ukraine an militärischen Fähigkeiten fehle. Dazu zähle insbesondere die Möglichkeit, den Russen die Lufthoheit streitig zu machen. "Wenn man das nicht kann, kostet das mehr Kampfkraft und auch mehr Menschenleben", sagt er. Die Ukrainer setzten darauf, dass dies in den westlichen Hauptstädten erkannt werde und die Partner bald Kampfflugzeuge und zusätzliche Systeme zur Luftverteidigung liefern. Für die Europäer komme hinzu, dass schwer zu sagen sei, wie sich die USA nach der nächsten Präsidentschaftswahl verhalten werden – so dass es sinnvoll erscheinen könne, schnell zu handeln, um später die Last nicht alleine tragen zu müssen. "Es ist und bleibt ein Wettlauf gegen die Zeit; es ist halt bloß ein Marathon und kein Sprint", sagt Mölling.

wue