Perlen der Kreml-Propaganda Putins Verbrechen entlarvt – Propaganda zensiert sich selbst und schneidet TV-Passage raus

Auf dem Feldzug gegen Jewgeni Prigoschin beging die Kreml-Propaganda einen peinlichen Fehler,
Auf dem Feldzug gegen Jewgeni Prigoschin beging die Kreml-Propaganda einen peinlichen Fehler, der viele Fragen an Wladimir Putin aufwirft 
© Pavel Bednyakov / Sputnik Moscow Russia PUBLICATION/stern
In dem Versuch den Wagner-Mythos zu zerstören, preschte die Kreml-Propaganda so weit vor, dass sie sich selbst zensieren musste. Anstatt Prigoschin anzuschwärzen, diskreditierte man den Dienstherrn Wladimir Putin. Das Licht ging den Propagandisten jedoch zu spät auf. 

Lange arbeitete die Propaganda-Maschinerie des Kremls daran, den Mythos der Wagner-Truppe mit aufzubauen. Nun soll sowohl die vermeintliche Söldnergruppe als auch ihr Anführer Jewgeni Prigoschin aus der Geschichte getilgt werden. Während im Land die Wagner-Werbeplakate abgenommen werden, arbeitet die Propaganda daran, den selbst erschaffenen Mythos zu zerstören. Am vergangenen Sonntag präsentierte Dmitri Kisseljow den neuen Kurs, der zu diesem Ziel führen soll. Grenzenlose Habgier und überdimensionale Ambitionen des Jewgeni Prigoschin – dies sollen die Ursachen für den Wagner-Aufstand gewesen sein. 

In dem Versuch, Prigoschin anzuschwärzen, preschte aber die Propaganda so weit voraus, dass sie sich selbst zensieren musste. Aus der Sendung von Kisseljow wurde nun zwei Tage nach der Ausstrahlung eine Passage herausgeschnitten. Der Fehler ging den Propagandisten erst auf, als es bereits zu spät war und der entsprechende Ausschnitt längst eine Runde um die halbe Welt machte. 

Zu viele Milliarden für Wagner

"Das große Geld hat Prigoschin um den Verstand gebracht", begann Kisseljow seine Tirade. "Und das Gefühl der erlaubten Willkür, die er bereits seit den Zeiten in Syrien und Afrika verspürt, und das sich seit der Einnahme von Soledar und Artjomowsk (der russische Name für Bachmut) verstärkt hat", trichterte der Direktor des Medienunternehmens "Rossja Sewodnja", das unter der Dachmarke "Sputnik" Nachrichtenportale und Radiosender in 30 Sprachen betreibt, seinem Publikum ein. 

"Um das ganze Ausmaß der Ambitionen zu verstehen, reicht es lediglich zwei Zahlen zu nennen", ging der Propagandist zum zentralen Punkt über. "Die von Prigoschin gegründete private militärische Organisation Wagner hat im Rahmen von Staatsverträgen etwas mehr als 858 Milliarden Rubel erhalten. Das ist fast eine Billion", spuckte Kisseljow in der ihm eigenen Manier jedes Wort einzeln aus. Umgerechnet sind es rund 8,8 Milliarden Euro.

"Im Rahmen weiterer Verträge hat die Prigoschin-Holding Concord Dienstleistungen im Wert von 845 Milliarden Rubel erbracht. Das heißt nicht, dass genauso viel verdient wurde. Aber es zeigt die Maßstäbe der Geschäfte und die Maßstäbe der Ambitionen", schlussfolgerte Kisseljow. 

Die Summen, die sich der russische Durchschnittsbürger nicht einmal in seinen wildesten Fantasien vorstellen kann, sollten keinen Zweifel an der unbeschreiblichen Geldgier von Prigoschin lassen. Dumm nur, dass Kisseljow mit diesen Worten nicht Prigoschin schlecht dastehen ließ, sondern seinen Dienstherrn Wladimir Putin.

Der frappierende Fehler der Propaganda 

In dem Versuch, die Dramatik zu steigern, nannte Kisseljow exorbitante Zahlen. Diese waren jedoch um das Zehnfache höher als die Zahlen, die Putin kurz zuvor genannt hatte. 86 Milliarden Rubel, knapp 910 Millionen Euro, will er für die Finanzierung der Wagner-Söldner zwischen dem Mai 2022 und dem Mai 2023 ausgegeben haben. Außerdem habe das von Prigoschin gegründete Catering-Unternehmen Concord im gleichen Zeitraum etwa 80 Milliarden Rubel für Lieferverträge mit dem russischen Militär erhalten, behauptete Putin. 

Dass Putin eine Finanzierung der Wagner-Söldner eingesteht, ist an sich bereits eine Sensation. Denn damit bekennt er offen, dass er permanent gegen die russische Verfassung verstoßen hat. Diese verbietet jegliche Form von Söldnertum. Die Wagner-Organisation ist nach dem russischen Gesetz nach illegal. 

Dennoch stürzte sich auch die Propaganda auf dieses Bekenntnis, das ein für alle Mal mit der Mär aufräumte, die Wagner-Truppe sei eine Privatarmee. Doch diese logische Konsequenz entging sowohl dem Kreml-Chef als auch seinem Propaganda-System, die verzweifelt um Schadenbegrenzung bemüht sind. Alle sprechen nach wie vor von einer "privaten militärischen Organisation". Wie kann aber etwas privat sein, wenn es vom Kreml finanziert wird? Wir kann der Staat eine Organisation finanzieren, wenn sie illegal ist? Wie kann eine vom Kreml finanzierte Truppe gegen den Kreml meutern? Und warum gehen die Zahlen von Putin und seiner Propaganda so weit auseinander?

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Kreml-Propaganda in ihrem Element: Zensur 

Fragen, die sich im Kreml wohl niemand gestellt hat, als man an der neuen Propaganda-Strategie tüftelte. Fragen, die vor allem Putin im schlechten Licht dastehen lassen. Also tat die Propaganda das, was sie am besten kann: Zensieren. Und zensierte sich selbst. Der entsprechende Ausschnitt mit den insgesamt 1,7 Billionen Rubel, die an die Wagner-Truppe vom Staat geflossen sind, wurde schlicht aus der Sendung herausgeschnitten. Auf der Seite des Senders Rossjia 1 ist nun eine neue Version zu sehen: Kisseljow geht nun direkt zu den Schicksalen von Verrätern der letzten Jahrhunderte über, anstatt darüber zu reden, dass der Kreml mehr Geld in den verräterischen Prigoschin steckte als in das Gesundheitswesen Russlands.

Doch auch im Jahr 2023 hat die Kreml-Propaganda noch nicht die Lehre verinnerlicht: Das Internet vergisst nie. Im Gegensatz zu Prigoschin wird der Original-Beitrag nie verschwinden.