Perlen der Kreml-Propaganda Mister "radioaktive Asche" schlägt wieder zu – dieses Mal will er die britische Insel versenken

Propaganda ist sein Handwerk: Dmitri Kisseljow. Für den Kreml schwingt er gerne die Atom-Keule. 
Propaganda ist sein Handwerk: Dmitri Kisseljow. Für den Kreml schwingt er gerne die Atom-Keule. 
© Screenshot Rossja 1
Tag für Tag flutet der Kreml die Welt mit seiner Propaganda. In der neuen Kolumne stellen wir Ihnen die makabersten, skurrilsten oder perfidesten Perlen aus der Werkstatt der Propagandisten vor. Dieses Mal: die nuklearen Fantasien des Dmitri Kisseljow. 

Dmitri Kisseljow gehört in Russland zu den bekanntesten Fernsehgesichtern. Jeden Sonntag geht er zur Prime Time auf Sendung. Seit 2012 präsentiert Kisseljow den Zuschauern des Staatssenders Rossja 1 einen Rückblick auf die Nachrichten der Woche. Mit Nachrichten hat seine Sendung "Westi" aber beileibe nichts zu tun. Statt Information liefert er in feinen Anzügen perfide Hetze.

Woche für Woche trägt Kisseljow eine groteske Weltanschauung ins Volk. Der Direktor des Medienunternehmens "Rossja Sewodnja", das unter der Dachmarke "Sputnik" Nachrichtenportale und Radiosender in 30 Sprachen betreibt, ist einer der einflussreichsten Akteure des Propaganda-Apparats des Kreml. Mal fordert er, die Herzen von homosexuellen Unfallopfern dürften nicht für Transplantationen genutzt werden, sondern gehörten "verbrannt oder vergraben, weil sie zum Leben nicht taugen". Mal posaunt er, Russland könne jederzeit die USA in "radioaktive Asche" verwandeln. 

Mister "radioaktive Asche" – dieser Spitzname haftet dem Mann, der als Chef-Propagandist des Kremls gilt, seit jenem Abend im Jahr 2015 an, als er Amerika mit der kompletten Auslöschung drohte.

Seitdem sind sieben Jahre vergangen und inzwischen gehört es in Russland zum guten Ton, die Atom-Keule zu schwingen. Wladimir Putin galoppiert vor. Die Propagandisten preschen nach. Und Kisseljow tänzelt durchs Studio, während er davon schwärmt, "Großbritannien von der Karte zu tilgen" – mit einem nuklear bestückten Riesentorpedo. 

Radioaktiv verseuchter Tsunami als Alternative 

"Wir könnten Großbritannien auch auf den Meeresgrund schicken, mit Russlands unbemanntem Unterwasserfahrzeug Poseidon", schlägt Kisseljow an einem Sonntagabend im Mai als Alternative vor. "Die Explosion dieses thermonuklearen Torpedos vor der britischen Küste wird eine 500 Meter hohe, radioaktiv verseuchte Tsunamiwelle auslösen, die über die britischen Inseln hinwegrollt." Gleichzeitig zeigt eine Computeranimation, wie die Zerstörung Großbritanniens aussehen würde. 

Russlands Fernsehen simuliert Atomschlag auf Großbritannien
Russlands Fernsehen simuliert Atomschlag auf Großbritannien
Russlands Staats-TV simuliert Atomschlag auf Großbritannien

Im Osten nichts Neues also. Großbritannien reagiert lakonisch. Man würde mit einem Atomschlag antworten, sollte ein Angriff erfolgen. Und das benachbarte Irland gibt entspannt zu verstehen, dass die Methode der Einschüchterung nicht funktioniert, und viel mehr die angespannte Stimmung im Kreml entlarvt.

Auf den Kopf gestellt 

Ein rotes Tuch – für Putin. Und somit auch für Kisseljow. Zwei Wochen nachdem er demonstriert hat, wie Großbritannien von der Weltkarte getilgt wird, fordert er eine Entschuldigung. Von Großbritannien! Für eine "grundlose Drohung, Russland anzugreifen". Wobei die Drohung von einem Archipel kommt, der "eine an sich versenkbare Insel ist", wundert sich Kisseljow. 

"Wir schüchtern niemanden ein. Die Erzählung von unseren Möglichkeiten hat eine Anti-Kriegs-Modalität. À la: Lasst uns nicht anfangen. Es wird schlecht enden. Es ist besser in Frieden zu leben", deklariert Kisseljow, jede einzelne Silbe mit Pathos herausspuckend. 

In der Propaganda-Welt von Dmitri Kisseljow 

Und schon ist man in der grotesken Parallelwelt des Kreml-Scharfmachers angekommen. In dieser Welt bedroht Großbritannien Russland mit einem atomaren Schlag – absolut grundlos. Und das, wo doch Russland nur in Frieden leben will. 

In dieser Welt hat Russland "höflichst um die Bestätigung des Prinzips der beidseitigen Sicherheit und der Nicht-Aufnahme der Ukraine in die Nato gebeten". Aber eine unverschämte Antwort bekommen.

In dieser Welt wollen Finnland und Schweden aus Angst der Nato beitreten. "Aber in der Nato wird es noch beängstigender sein", prophezeit Kisseljow. Denn Russland wird gezwungen sein, in der Region neue taktische Nuklearwaffen zu positionieren. "Der nuklearfreie Status des Baltikums gehört dann der Vergangenheit an." 

Warum Finnland und Schweden in seiner Welt Angst vor Russland haben, erklärt Kisseljow nicht. "Wir bedrohen niemanden. Wir reden bloß über eine Antwort auf eine Nato-Erweiterung in unsere Richtung. Das ist sich nicht unsere Entscheidung", beteuert er immer und immer wieder. Neue Maßnahmen sind unvermeidlich. Dazu könnte auch das Überdenken der "nuklearen Doktrin" gehören, was den Einsatz taktischer Nuklearwaffen angeht. Man werde darüber reden müssen, die Schwelle niedriger zu legen. 

"Die Nordmänner haben sich selbst dazu entschieden, sich in eine heißere Lage zu begeben. Wir wollen niemanden bedrohen. Wir haben es uns nicht ausgesucht. Aber auf dem Territorium von Schweden und Finnland werden von nun an unsere rechtmäßigen Ziele liegen. Bislang gab es sie dort nicht."

Ein Schuft, der sich bei diesen Worten bedroht fühlt. 

Lernen Sie hier ein weiteres prominentes Gesicht der Kreml-Propaganda kennen. Für ihn rief der russische Geheimdienst FSB eine ganze Terrorzelle ins Leben und entwickelte einen fast perfekten Mordplan.