Deutschland ist für die Propagandisten des Kremls ein sehr dankbares Ziel. Die Wunden, die der Zweite Weltkrieg in Russland hinterlassen hat, sind nie ausgeheilt. Umso leichter ist es, sie aufzubrechen. Immer wieder aufs Neue. Umso leichter ist es, den Hass gegen den alten Feind zu schüren. Glaubt doch das russische Publikum nur allzu gerne, dass sich in Deutschland seit 1945 nichts verändert hat.
Egal ob Olaf Scholz, Annalena Baerbock oder Claudia Roth – bei jedem Wort eines deutschen Politikers lauern die Propagandisten darauf, ob sie dem Pechvogel einen Strick daraus drehen können. Und so lösen die Auftritte deutscher Regierungsvertreter in regelmäßigen Abständen Wellen von Hetze aus.
Dem neuesten Sturm geht kein geringerer als das Gesicht der Kreml-Propaganda schlechthin voran: Wladimir Solowjow. Der Talk-Master ist einer der glühendsten Verteidiger, Anhänger und Befehlsempfänger von Wladimir Putin. Seine Mission: Botschaften, Ideen und Vorstellungen, die der Kreml platziert sehen will, in die Köpfe seiner Zuschauer zu prügeln. Dem Vater von acht Kindern ist dabei keine Provokation zu reißerisch, keine Beleidigung zu gehässig, keine Lüge zu halsbrecherisch, kein Widerspruch zu groß.
Das Gesicht des vor Hass und Hetze triefenden Propagandisten flimmert fast unentwegt von den TV-Bildschirmen. Der meist in schwarz gekleidete Diener des Kremls träufelt mehrere Stunden am Tag dem Publikum sein Gift ein – und das fast jeden Tag. Seit dem Beginn des Kriegs hat das Staatsfernsehen die Frequenz seiner Sendungen noch erhöht.
Wenn Putin die Welt nicht genug ist

Die Nazi-Keule
"Ihr Europäer", spuckte er voller Verachtung in seiner Sendung "Abend mit Solowjow" nun hervor. "Ich wende mich nicht an das Volk, sondern an die Politiker-Kaste", setzte er kurz hinzu, bevor er mit seiner Tirade loslegte. "Ihr werdet uns nie verstehen. Dafür gibt es einen einfachen Grund. Für euch ist der Große Krieg der Erste Weltkrieg, und für uns der Zweite. 27 Millionen tote sowjetische Menschen! Sechs Millionen vernichtete Juden! Und wenn ihr jetzt zum Unabhängigkeitstag der Ukraine Parolen von Nazis oder Bandera von euch gebt, (...) denke ich an das Europa zurück, das sich zusammengetan hat, um die jüdische Frage zu lösen: Uns Juden zu töten", erklärte er Solowjow voller Pathos mit dem Finger auf sich selbst deutend.
Zu solchen Gelegenheiten erinnert sich Solowjow gerne an seine jüdische Herkunft. Dabei ist es noch gar nicht lange her, als der 58-Jährige Benito Mussolini anhimmelte und filmische Lobgesänge auf ihn verfasste. Einen Faschisten, der ihn, den Juden, hätte töten wollen, wenn man seinen neuesten Ausführungen folgt. Das hat Solowjow allerdings auch nicht daran gehindert, sich vier Villen in Italien zuzulegen. Von denen er sich freilich inzwischen unter Tränen verabschieden musste. (Mehr dazu lesen Sie hier.)
"Wir werden euch nie verzeihen. Und werden nie vergessen. Wir durchschauen euch", sagte er nun in Richtung der europäischen Politiker und bleckte dabei die Zähne. "Hast du mich verstanden, Scholz?", setzte er drohend hinzu. "Deine Äußerungen, dass wir uns als Gegensatz zu Europa positionieren .... ", fing Solowjow an und atmete nur laut aus, anstatt seinen Satz zu Ende zu führen. "Ihr habt immer noch nichts verstanden."
Die Atom-Keule
Und dann holte Solowjow das raus, was alle Kreml-Propagandisten so gerne rausholen: die Atom-Keule. "Den Krieg gegen die Nato werden wir aber gewinnen. Es gibt zwei Varianten. Die zweite wird euch nicht gefallen. Weil: Wozu braucht es eine Welt, in der es kein Russland gibt."
Klassik der Kreml-Propaganda
Sein Studio-Gast Dmitry Ewstafiew erging sich unterdessen in Entnazifizierungs-Fantasien. Dieses Mal war aber nicht die Ukraine das Ziel seiner Chimäre – sondern Deutschland. "Schaut doch mal, wie schnell die Entnazifizierung in Deutschland und Europa von statten ging", setzte er an und meinte damit die Denazifizierung nach dem Zweiten Weltkrieg.
"Es ist noch keine 30 Jahre her, als Deutschland unter der Besatzung der Sowjetunion stand. Und der Osten Europas. Und schon haben wir das, was wir jetzt haben. Und daraus folgt die Schlussfolgerung: Die nächste Entnazifizierung Deutschlands muss viel systematischer, viel tiefgreifender, viel ideologischer sein, als sie gewesen war", erklärte der Politologe seelenruhig. Ob dafür auch eine "Sonderoperation" ausreicht?
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