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Perlen der Kreml-Propaganda Steven Seagal – wie der gefallene Star sich Putin anbiedert

Steven Seagal wird am Flughafen von Ulan-Ude, in Russlands Fernem Osten, empfangen.
Steven Seagal wird am Flughafen von Ulan-Ude, in Russlands Fernem Osten, empfangen. Seit 2016 hat er die russische Staatsbürgerschaft. 
© Buryatia Government Press Office / Picture Alliance
Die Kreml-Propaganda zückt das, was sie für ihre schärfste Waffe hält: Steven Seagal. Der ehemalige Schauspieler stellt sich mit Leib und Seele in die Dienste Putins.

In den 90er-Jahren war Steven Seagal ein Star der Martial-Arts-Filme. Auf dem Höhepunkt seiner Karriere wurde sein Name im gleichen Zug mit Sylvester Stallone oder Arnold Schwarzenegger genannt. Doch lange konnte sich Seagal nicht auf dem Hollywood-Olymp halten. Ein Skandal folgte dem anderen. Mal erklärte sich der ehemalige Sheriff fast zum Messias, mal brach er seinem Schauspielkollegen Sean Connery das Handgelenk, mal schleuderte er einen Stuntman gegen die Wand. Als auch noch mehrere weibliche Co-Stars Seagal der sexuellen Übergriffe beschuldigten, tat er das, was viele gefallene Sternchen tun: Er suchte sein Glück im Osten.

Zunächst erlangte Seagal die serbische Staatsbürgerschaft. Und schließlich landete er vor den Toren des Kremls. Für Putin kam Seagal wie Geschenk daher – umwickelt mit einer roten Schleife. Lässt sich doch ein abtrünniger Hollywood-Star herrlich für seine Propaganda ausschlachten. 

Und so verdient Seagal heute als treuer Putinist seine Brötchen – und wohl auch sein Bleiberecht in Russland. Nach fast sechs Monaten Krieg zauberte des Kremls liebster Propagandist Wladimir Solowjow den einstigen Star aus dem Hut. Die schwarz-rote Bühne gehörte ganz Seagal, als er am Donnerstagabend im Studio des Solowjow auftaucht. "Ein unglaublicher Gast. Ein großer Meister der Kampfkünste, Schauspieler, Regisseur und Diplomat", ergeht sich der Talk-Master in Lobpreisungen. "Eine Ikone mehrerer Generationen von Jungs."

Fast meint man doppelt zu sehen. Da steht er – die Geheimwaffe des Waffenarsenals der Kreml-Propaganda, angetan mit einer fernöstlich angehauchten dunkelblauen Kute. Diese Art von Roben ist auch das Markenzeichen von Solowjow. Der wie meistens in schwarz gekleidete Diener des Kremls steht seinem Ehrengast gegenüber und liefert die Steilvorlagen. 

Steven Seagal singt das Lied des Kremls 

Was folgt, ist ein einstudierter Vortrag. Wort für Wort plappert Seagal die Propaganda-Handbücher des Kremls nach. "Ich studiere diesen Konflikt und beobachte eine große Menge an lügnerischen Nachrichten. (...) Fake News sind schlimmer als Atomwaffen. (...) Die Welt muss verstehen, wo der Unterschied zwischen Lügen und wahrheitsgemäßen Nachrichten liegt", fängt er seine Litanei an. Deswegen drehe er einen Dokumentarfilm. Er sei im Donbass gewesen und habe auch den Ort Oleniwka besucht, wo bis vor kurzem ukrainische Kriegsgefangene inhaftiert waren, unter ihnen Mitglieder des Asow-Regiments. 

Der Ort Oleniwka erlangte Ende Juli traurige Bekanntheit, nachdem eine Baracke der Gefangenen völlig zerstört worden war und mindestens 50 Menschen starben. Russland erklärte den Vorfall mit seiner üblichen Taktik. Die Ukrainer sollen es selbst gewesen sein, die die ukrainischen Gefangenen getötet haben. Das russische Verteidigungsministerium behauptete, ein von den USA gelieferter Himars-Mehrfachraketenwerfer sei eingesetzt worden.

Dasselbe Lied stimmt nun auch Seagal ein. Er sei sich zu einer "Milliarde Prozent" sicher, dass eine Himars-Rakete das Leben der Gefangen ausgelöscht habe. "Man konnte sehen, dass eine Rakete von draußen eingeschlagen ist und alles verbrannt hat", beteuert er im Studio von Solowjow. "Ich kenne mich mit solchen Dingen aus. Und ich kann sagen, es gab keine Explosion vom Boden aus."

"Ich habe bereits früher Bruchstücke einer Himars-Rakete gesehen. Es waren genau solche Bruchstücke wie da", erklärt er. Bei welcher Gelegenheit Seagal Bruchstücke einer Himars-Rakete gesehen haben will, verrät er nicht. Stattdessen ruft er dem russischen Publikum wieder einmal die Mär in Erinnerung, dass die Ukraine von Nazis bevölkert werde. 

"Stepan Bandera und seine Lehre ist in der Ukraine sehr verbreitet. Es gibt Hunderttausende Nazis dort. Und viele von ihnen wollen kämpfen und morden", will er wissen. 

"Ich bin Russe"

Und schon geht es weiter mit der nächsten Mär, die zum Standard-Repertoire eines jeden Kreml-Propagandisten gehört. "Kiew bombardiert seit acht Jahren Luhansk und Donezk. Es wurden dort mehr als 15.000 Russen ermordet", echauffiert sich Seagal und untergräbt damit selbst das Bild eines "neutralen Diplomaten", das er zusammen mit Solowjow so sehr heraufzubeschwören versuchte. Und als ob das nicht genug ist, lässt Seagal mit seinen letzten Sätzen keinen Zweifel daran, in wessen Diensten er steht. 

"Viele Kulturschaffende sind nach dem 24. Februar so schnell wie sie konnten aus Russland geflohen. Aber Sie sind zurückgekommen. Wieso?", leitet Solowjow die große Schluss-Pointe ein. "Weil ich Russe bin!", erwidert Seagal stoisch – aber auf Englisch, obwohl er laut Solowjow Russisch fast ohne Akzent beherrscht. "Das ist mein Zuhause!"

"Mir gefällt diese Antwort", nickt Solowjow ernst. Dem Dienstherrn der beiden Schauspieler sicherlich auch. 

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