Die vorzeitige Abreise des russischen Außenministers Sergej Lawrow vom G20-Treffen in Bali zeigt nach Einschätzung des Militärexperten Carlo Masala, dass Russland nicht zur Debatte mit den Unterstützern der Ukraine bereit ist. Masala sagt im stern-Podcast "Ukraine – die Lage": "Lawrows Besuch in Bali war primär innenpolitisch motiviert." Sein Redebeitrag könne nun von den russischen Medien genutzt werden, um das Signal zu senden, dass das Land nicht isoliert sei.
Dass Lawrow sich der Auseinandersetzung mit den Vertretern der anderen großen Nationen entzogen habe, mache aber deutlich, dass Russland keinen Austausch wolle. Dies könne jeder erkennen, der "nicht in Russland lebt und nicht von der Propaganda hirngewaschen wird", sagt der Politikwissenschaftler von der Bundeswehruniversität München.
Masala: Multilateralismus schon vor Ukraine-Krieg in der Krise
Die etablierten Formen der multilateralen Zusammenarbeit, wozu auch die G20-Gruppe zähle, seien bereits vor dem Ukraine-Konflikt in der Krise gewesen, wofür auch die USA Verantwortung trügen. "Nun gilt es neue Formen des Multilateralismus unter einer begrenzten Zahl von Staaten zu finden", sagt Masala. "Multilateralismus, so wie wir ihn kennen, ist auf lange Zeit ad acta gelegt." Er rechnet damit, dass sich stärker als bisher Staaten zusammenfinden, die ein konkretes Problem für einen begrenzten Zeitraum gemeinsam angehen.

Dr. Carlo Masala ist Professor für Internationale Politik an der Bundeswehruniversität München.