Während der UN-Sicherheitsrat noch über eine weitere Resolution gegen Bagdad debattiert, bereiten US-Truppen in Nordirak offenbar schon einen Angriff vor. "Die Amerikaner waren vor ein paar Tagen hier", sagte ein kurdischer Übersetzer auf dem Stützpunkt Chwar Gurna nahe der Grenze zur Türkei. Er hat kaum ausgesprochen, da nähern sich zwei Sicherheitskräfte in zivil. "Hier sind keine Amerikaner", erklärten sie der Nachrichtenagentur AP. "Sie können jetzt gehen."
Gerüchten zufolge halten sich Führungskräfte des US-Geheimdienstes CIA und Sondereinheiten der Streitkräfte in Nordirak auf. Sie sollen in den kurdisch kontrollierten Gebieten einen Angriff auf den irakischen Staatschef Saddam Hussein im weniger als 95 Kilometer entfernten Bagdad vorbereiten. Bewohner des Grenzgebiet berichten von Geländefahrzeugen vom Typ Humvee, die von den US-Truppen bevorzugt werden.
"Jeder sagt, dass Amerikaner hier sind"
Sogar der amerikanische Generalstabschef General Richard Myers will nicht bestreiten, dass sich US-Soldaten bereits in Irak befinden. Auf eine entsprechende Frage sagte er im vergangenen Monat, es gebe keine "bedeutende Zahl von Streitkräften" in Nordirak. "Jeder sagt, dass Amerikaner hier sind", erklärte Honar Resar in dem Dorf Kalatschalan. Amerikanische Berater sollen im Militärstützpunkt des Ortes untergekommen sein.
Die US-Streitkräfte können in der Region ungestört operieren, Saddam Hussein hat seit dem Ende des Golfkriegs 1991 faktisch keine Kontrolle mehr über die kurdischen Gebiete. Unter dem Schutz britischer und amerikanischer Kampfflugzeuge erlebt die Region einen bescheidenen Wohlstand, die Menschen genießen Freiheiten, die in anderen Ländern des Nahen Ostens undenkbar wären. Die Presse kann frei arbeiten, die Institutionen sind weitgehend demokratisch.
Unter diesen Umständen äußerten die Bewohner gegenüber der Presse frei ihre Meinung, das scheint sich jedoch mit Beginn der Kriegsvorbereitungen geändert zu haben. Hochsicherheitszonen wurden eingerichtet, ein Kommandoposten der Patriotischen Union Kurdistans, in dem früher Pressekonferenzen stattfanden, ist jetzt für Vertreter der Medien gesperrt, kurdische Sicherheitskräfte wollen nicht einmal mehr ihre Namen nennen.
"Die Amerikaner kommen", sagte ein Vertreter der Demokratischen Partei Kurdistans, der seinen Namen nicht angeben wollte. "Sie kommen aus der Türkei. Sie kommen in kleinen Gruppen. Sie kommen mit dem Hubschrauber oder über die Straße. Es ist keine große Sache." In den Jahren von 1991 bis 1996 war das anders, damals waren fast 5.000 US-Soldaten in Nordirak stationiert, wie amerikanische Verteidigungsexperten in Washington erklärten. Die CIA half Oppositionsgruppen im Kampf gegen Saddam Hussein, bis ein Bürgerkrieg zwischen der Demokratischen Partei und der Patriotischen Union ausbrach. Auf seinem Höhepunkt 1996 verließen die Amerikaner das Land.
In den Gebieten, die von der Demokratischen Partei kontrolliert werden, halten sich die US-Soldaten in Sarirasch auf, einem schwer bewachten Gelände nahe der Ortschaft Salahuddin, wie aus kurdischen Kreisen verlautete. In den Gebieten der Patriotischen Union sollen die Amerikaner auf dem Stützpunkt Kalatschalan in den Bergen von Sagros untergekommen sein.
Weder Bestätigung noch Dementi
Ein Fotograf der Zeitung "New York Times" und ein Kameramann des Fernsehsenders ABC beobachteten am 15. Februar ein Treffen zwischen mutmaßlichen Vertretern eines westlichen Landes mit Bafel Talabani, Sohn von PUK-Führer Dschalal Talabani. Die Journalisten machten Aufnahmen von dem Treffen und fanden sich plötzlich von bewaffneten Männern umringt. Ihre Bilder wurden zerstört, ihre Ausrüstung erhielten sie zurück. Talabani räumte den Vorfall ein, erklärte jedoch, er könne weder bestätigen noch dementieren, dass es sich bei seinen Gesprächspartnern um westliche Regierungsvertreter gehandelt habe.