Mit einem furiosen Sprint durch die wichtigsten Staaten wollen US-Präsident Barack Obama und sein Herausforderer Mitt Romney kurz vor der Wahl die entscheidenden Wählerstimmen gewinnen. Das Rennen blieb am Wochenende vor dem 6. November extrem spannend. Jüngste Umfragen haben US-weit ein Patt bestätigt. Der Amtsinhaber liegt aber nach Angaben der "New York Times" in den meisten besonders heiß umkämpften Bundesstaaten vorn, wenn auch oft nur sehr knapp. So führt er etwa in Ohio. Ein Sieg hier gilt als Muss für Romney.
Obama brach am Samstag zu einer Wochenend-Blitztour durch sieben Staaten mit gleich mehreren Stopps in Ohio auf. Romney begann seinen Sprint von Ost nach West in New Hampshire. Beide Kandidaten kündigten an, bis zur letzten Minute um jede Stimme zu kämpfen.
Obama legt Grenzen der Zusammenarbeit fest
Bereits zuvor hatte sich für die letzten Wahlkampf-Tage eine Art Rollentausch angedeutet. Wie Obama vor vier Jahren präsentierte sich Romney auf Kundgebungen trotz scharfer Attacken gegen seinen Kontrahenten als ein Kandidat, der das politisch tief gespaltene Land einen wolle - ein Versprechen, das Obama nicht gehalten habe. Der Amtsinhaber selbst ging voll in die Offensive und machte klar, dass es für ihn Grenzen bei der Zusammenarbeit gibt.
"Ich werde Amerika zu einem besseren Ort machen", versprach Romney in West Allis (Wisconsin). "Das ist jetzt nicht die Zeit für Amerika, sich zur Ruhe zu begeben. Wir sind vier Tage von einem frischen Start entfernt, vier Tage entfernt vom ersten Tag eines Neubeginns."
Obama versprach in Springfield (Ohio), dass er im Fall einer zweiten Amtszeit zwar mit den Republikanern im Kongress zusammenarbeiten werde. Aber wenn der "Preis von Frieden in Washington" Vereinbarungen bedeute, die etwa Studienhilfen kappten oder Gesundheitsversicherern mehr Macht gebe, "dann ist das ein Preis, den ich nicht zu zahlen gewillt bin." So etwas sei kein Wandel, sondern eine Kapitulation vor dem Status quo. "Ich bin weit davon entfernt, diesen Kampf aufzugeben", meinte Obama. "Ich habe immer noch eine Menge Kampfeslust in mir. Ich werde nicht müde."
Umfragen deuten auf knappen Sieg
Der Sender CNN rechnete am Samstag vor, dass jüngste Umfragen im Schnitt einen Gleichstand von 47 zu 47 Prozent zwischen beiden Kandidaten ergeben haben. Nach einer am Freitag (Ortszeit) veröffentlichten NBC/Wall Street Journal-Erhebung zufolge führt der Demokrat in Ohio aber mit 51 zu 45 Prozent vor dem Republikaner. Auch im ebenfalls möglicherweise wahlentscheidenden Florida liegt Obama demnach vorn, aber nur knapp mit 49 zu 47 Prozent. Die "New York Times" wies am Samstag darauf hin, dass der Demokrat in 19 von 22 am Freitag veröffentlichten Umfragen in sogenannten Swing States die Nase vorn hat. In zwei Fällen gebe es ein Patt, und nur ein Mal liege Romney in Führung.
In den USA wird der Präsident nicht direkt gewählt, sondern durch ein Wahlmännergremium. Jeder Staat verfügt in diesem Gremium über eine bestimmte Zahl an Stimmen, die jeweils dem Sieger in dem betreffenden Staat zugesprochen werden. Es wäre also möglich, dass Romney landesweit zwar die meisten Stimmen erhält, aber Obama siegt, weil er in den entscheidenden Staaten gewonnen hat. Die magische Zahl für den Gesamtsieg liegt bei 270 Wahlmänner-Stimmen.
Stundenlanges Warten in Florida
In zahlreichen Staaten haben die Wähler bereits seit Tagen die Möglichkeit, persönlich ihre Stimme in Wahllokalen abzugeben. In Florida bildeten sich lange Schlangen, vor allem im Süden zogen sie sich in manchen Fällen über ganze Straßenblöcke hinweg. Die Wartezeiten betrugen oftmals zwei bis vier Stunden, wie unter anderem der Sender ABC am Samstag berichtete.
Bei vorausgegangenen Wahlen durften Frühwähler in Florida bereits 14 Tage vor der eigentlichen Wahl ihre Stimme abgeben. Der derzeitige republikanische Gouverneur Rick Scott hat die Spanne auf acht Tage verkürzt. Kritiker sehen darin einen Versuch, Wähler von der Stimmabgabe abzuhalten. Erfahrungsgemäß neigen Frühwähler stärker den Demokraten zu als den Konservativen.