Mit der Stimmabgabe von Exilirakern in Australien hat am Freitag die erste freie irakische Parlamentswahl seit über 50 Jahren begonnen. Kurdische Frauen in langen, schwarzen Kleidern und Männer in farbenfrohen traditionellen Gewändern versammelten sich ab 07.00 Ortszeit vor einem zum Wahllokal umfunktionierten Möbellager in Fairfield, einem Stadtteil von Sydney, in dem zahlreiche Araber wohnen. "Ein langer Traum wird jetzt wahr", sagte der 56-jährige Karim Jari. "Wir hoffen, dass dies ein Neubeginn ist."
Australien ist eins von 14 Ländern, in denen Exiliraker von Freitag bis Sonntag ihre Stimme abgeben können. Im Irak selbst wird nur am Sonntag gewählt.
Wahl in Deutschland
Die deutschen Wahllokale in Berlin, Köln, Mannheim und München haben um 08.00 Uhr geöffnet. Die Polizei in Berlin teilte mit, der erste Wähler in der Hauptstadt sei der Botschafter Iraks, Alaa Abdul Madschid Hussein al-Haschimi, gewesen. In der ersten Stunde hätten bis zu 80 Wähler ihre Stimme abgegeben.
Mehr als 26.400 Personen haben sich in Deutschland für die Wahl registrieren lassen, knapp die Hälfte der schätzungsweise 56.000 hier lebenden Iraker. In anderen Ländern lag die Quote nur bei etwa einem Viertel. Insgesamt sind in den 14 Staaten 280.000 Iraker für die Abstimmung registriert.
Zu Wahl stehen ein verfassungsgebendes Übergangsparlament sowie 18 Provinzversammlungen und ein kurdisches Regionalparlament. Die letzte freie Wahl im Irak fand nach Einschätzung von Experten im Jahr 1953 statt. Der Irak war damals eine konstitutionelle Monarchie.
Neue Anschäge
Der Wahlbeginn wird von neuen Anschlägen überschattet. Bei der Explosion einer Autobombe in Bagdad wurden am Freitagmorgen mindestens vier Iraker getötet und zwei verletzt. Wie ein Sprecher des irakischen Innenministeriums mitteilte, detonierte die Bombe nahe einer Autobahnbrücke in der südlichen Vorstadt Dora. Bislang ist nicht bekannt, wogegen sich der Anschlag richtete.
In der westirakischen Stadt Ramadi stieß die Polizei am Freitag auf die Leichen von vier irakischen Soldaten, die offenbar von Aufständischen ermordet wurden. Sie wiesen Schussverletzungen auf. An den Toten waren Zettel mit der Aufschrift "So ergeht es allen Verrätern" angebracht.
Südlich von Bagdad beschossen Aufständische den US-Militärstützpunkt Camp Kalsu mit Mörsergranaten. Drei amerikanische Soldaten sowie drei Zivilisten wurden verletzt, wie die Streitkräfte mitteilten.
In Ramadi griffen Aufständische in der Nacht zum Freitag vier Wahllokale an, die dabei zum Teil zerstört wurden. Auch ein Wahllokal in Hit, 160 Kilometer nordwestlich von Bagdad, wurde attackiert. Bei einem Rebellenangriff auf ein Wahllokal im nordirakischen Kirkuk starb in der Nacht zum Freitag ein Polizist, der das Gebäude bewachte.