"Pandora Papers" Versteckte Millionen: Wie Putins enge Oligarchen-Freunde ihren Luxus vor Sanktionen schützen

Russlands Präsident Wladimir Putin applaudiert
Wüsste Wladimir Putin wo überall auf der Welt russische Millionen versteckt sind, würde er wohl...klatschen
© Alexei Nikolsky / DPA
Der Westen macht seit Beginn des Ukraine-Krieges Jagd auf die Millionen russischer Oligarchen. Doch was ist, wenn diese ihr Vermögen verstecken? Neue "Pandora Papers"-Recherchen enthüllen, wie gerissen manch ein Milliardär dabei vorgeht – und vor welchen Herausforderungen die westlichen Sanktionen stehen.

Seit Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine vergeht kaum eine Woche, in der der Westen keine neuen Sanktionen verhängt. Nach Bekanntwerden der Gräueltaten von Butscha hat die Europäische Union ihr inzwischen fünftes Strafmaßnahmen-Paket auf den Weg gebracht. Wie schon vorherige Sanktionen, zielt auch dieses Paket unter anderem auf einflussreiche russische Oligarchen ab, die enge Verbindungen zum Kreml haben und selbst vom Krieg profitieren.

Doch wie neue "Pandora Papers"-Recherchen enthüllen, haben sich einige dieser Personen raffinierte Wege einfallen lassen, um ihren Reichtum vor den Sanktionen zu verstecken. Das Internationale Consortium für Investigative Journalistinnen und Journalisten (ICIJ) hatte die "Pandora Papers" – ein riesiges Datenleck aus Schattenfinanzplätzen – gemeinsam mit Medienorganisationen auf der ganzen Welt ausgewertet und die Ergebnisse im vergangenen Herbst veröffentlicht. 

Nun geben die vertraulichen Unterlagen Einblicke in die Offshore-Geschäfte von mehr als 800 russischen Staatsbürgern, unter ihnen zahlreiche Oligarchen und mehr als 42 Milliardäre, die ihr Vermögen in Steueroasen geparkt haben. Elf dieser Milliardäre sind bereits auf internationalen Sanktionslisten zu finden – darunter der russische Oligarch Suleiman Kerimow.

Suleiman Kerimow: Sanktionierter Oligarch und Putin-Vertrauter 

Suleiman Kerimow gelang, was in Russland nur die Allerwenigsten schaffen: den Aufstieg von einem Dasein als bescheidener Ökonom zu einem der reichsten und am besten vernetzten Oligarchen des Landes. Als die Sowjetunion 1991 zerbrach, bedeutete dies für Kerimow den Startschuss zu Ruhm und Reichtum. Sein Vermögen machte er hauptsächlich mit dem Kauf von Energieanlagen und großen Beteiligungen an russischen Banken nach dem Fall des Einparteienstaats. Berichten zufolge soll er unter anderem 21 Milliarden Dollar in Gazprom sowie in die größte russische Staatsbank Sberbank investiert haben.

Im November 2006 sorgte der Milliardär mit einem Unfall in Südfrankreich für Schlagzeilen. Sein Ferrari Enzo, mit dem er über die Promenade in Nizza fuhr, ging plötzlich in Flammen auf. Kerimow und seine Beifahrerin wurden aus dem Wrack gezogen und überlebten nur knapp. Zwischenzeitig zählte er laut "Forbes" mit einem Vermögen von rund 17,5 Milliarden US-Dollar zu einem der reichsten Menschen der Welt. Elf Jahre später wurde der Oligarch in Nizza verhaftet, die Vorwürfe lauteten Geldwäsche und Steuerhinterziehung. Die Ermittlungen verliefen jedoch im Sande. Nachdem er als Abgeordneter zunächst dem Unter- und später dem Oberhaus des russischen Parlaments angehörte, wurde er 2018 von den USA als "Regierungsmitglied der Russischen Föderation" auf die Sanktionsliste gesetzt.

Als am 24. Februar diesen Jahres russische Truppen in die Ukraine einmarschierten, zeigte sich Russlands Präsident Putin umringt von einem Dutzend Milliardäre – darunter kein anderer als Kerimow höchstpersönlich. Mitte März wurde er sowohl von Großbritannien als auch von der EU mit Sanktionen belegt, die ihn als "ein Mitglied im engeren Kreis von Oligarchen" in der Nähe von Putin identifizierte.

"Pandora Papers": Offshore-Geschäfte von mehr als 800 russischen Staatsbürgern

Was Kerimow persönlich angeht, so berichtet die "BBC" mit Verweis auf die "Pandora Papers", dass zwischen 2010 und 2015 verdächtige Transaktionen im Wert von 700 Millionen US-Dollar zwischen Suleiman Kerimov und seinen engsten Geschäftspartnern gemeldet wurden. Zudem soll der Oligarch heimlich Eigentümer von Immobilien an der französischen Riviera und in London sein – darunter von dem teuersten Reihenhaus, das jemals in Großbritannien verkauft wurde.

Besonders dubios sind hierbei die Verbindungen zu dem Schweizer Wirtschaftsprüfer Alexander Studhalter. Dieser soll laut der geleakten Daten jahrelang Milliarden des russischen Oligarchen verschoben und sich sogar selbst als Eigentümer von dessen Immobilien ausgegeben haben. Dabei soll unter anderem ein Kunde Studhalters – ein Tätowierer aus Luzern – fälschlicherweise als Eigentümer eines Unternehmens benannt worden seien, das in den Jahren 2013 und 2014 mit Hilfe einer Briefkastenfirma auf den Britischen Jungferninseln rund 300 Millionen US-Dollar an Kerimows Firmen überwiesen haben soll. Studhalter selbst weist die Vorwürfe zurück und behauptet, die Briefkastenfirma des Tätowierers habe ihm selber gehört.

Der französische Staatsanwalt, der bereits 2017 gegen Kerimow in Nizza ermittelt hatte, ließ jedoch verlauten, dass das Verfahren gegen den russischen Oligarchen noch im Gange sei.

"Die Oligarchen wissen, dass sie durch Sanktionen gefährdet sind"

Neben Kerimow taucht auch der russische Oligarch und Großunternehmer Alexei Mordaschow in dem veröffentlichten Datensatz auf. Der Hauptaktionär eines russischen Goldminenbetreibers gilt mit einem Vermögen in Höhe von mehr als 20 Milliarden Euro als einer der reichsten Russen überhaupt. Als am 28. Februar Sanktionen gegen Mordaschow beschlossen wurden, begann ein Wechselspiel der Aktienbesitzer.

Die "Washington Post" zeichnet den Weg, wonach Mordaschows Aktien zunächst von seiner Holding-Firma Unifirm gehalten, kurze Zeit später jedoch an die Briefkastenfirma Ondero Limited weitergereicht wurden, die auf den Britischen Jungferninseln registriert ist. Wochenlang war unklar, wer hinter der Firma steckt, bis die "Pandora Papers" enthüllten, dass es sich dabei um Marina Mordaschowa handelt – die Lebensgefährtin von Alexei Mordaschow und Mutter seiner drei Kinder.

"Die Oligarchen wissen sehr wohl, dass sie durch Sanktionen gefährdet sind, und haben Maßnahmen ergriffen, um sicherzustellen, dass die Identifizierung ihrer Vermögenswerte so schwierig wie möglich ist", sagt Tom Keatinge, Direktor des Centre for Financial Crime and Security Studies in London. "Wenn die Regierungen nicht auch die Stellvertreter und Briefkastenfirmen ins Visier nehmen, die diese Eliten unterstützen, sind die Sanktionen nichts wert."

Ermittlungen wegen Luxusjacht "Amadea"

Doch es gibt auch Erfolge bei der Jagd auf die Millionen russischer Oligarchen: Am Donnerstag hat die Polizei des Inselstaates Fidschi Ermittlungen im Zusammenhang mit der Luxusjacht "Amadea" eingeleitet, die niemand geringerem als Suleiman Kerimow höchstpersönlich gehören soll. Die Regierung von Fidschi sei von ausländischer Stelle um Unterstützung bei der Bearbeitung einer "kriminellen Angelegenheit" gebeten worden, so ein Polizeivertreter. Die Ermittler würden nun möglichen Verstößen gegen Zoll- und Einwanderungsbestimmungen sowie möglichen Drogen-, Waffen- oder Geldwäschedelikten nachgehen.

Nach Angaben der Website "superyachtfan.com" ist die "Amadea" 325 Millionen US-Dollar wert. Mehrere Websites, die Luxusjachten weltweit auflisten und beobachten, schreiben die "Amadea" Kerimow zu – dies lässt sich bisher jedoch nicht unabhängig verifizieren. Sowohl die USA als auch die EU gaben an, eng mit den Behörden auf Fidschi zusammenzuarbeiten. "Die Vereinigten Staaten haben sich verpflichtet, die Reichtümer der Oligarchen zu finden und zu beschlagnahmen, die den brutalen, nicht provozierten Krieg der Russischen Föderation gegen die Ukraine unterstützen", sagte die Botschaft in einer Erklärung.

Fest steht: Im Versteckspiel mit Putins Oligarchen-Freunden wäre die Festsetzung der "Amadea" ein weiterer wichtiger Sieg für die Sanktionen des Westens.

Quellen: "ICIJ", "BBC", "Washington Post", "Reuters", mit AFP-Material

PRODUKTE & TIPPS

Kaufkosmos