Nach dem zögerlichen Anlaufen der Spenden für die Erdbebenopfer in Pakistan hat die internationale Geberkonferenz die notwendige Milliardenhilfe zusammengebracht. Die Teilnehmer sagten fast sechs Milliarden Dollar zu, mehr als von der Regierung erhofft, wie der pakistanische Ministerpräsident Shaukat Aziz am Samstag mitteilte.
Hilfsorganisationen begrüßten die neue Zusicherung, warnten jedoch, der Wiederaufbau dürfte sich nicht nur auf Straßen, Brücken und Schulen konzentrieren. "Wir hoffen, dass die Geber mit der Zeit sehen werden, wie gut dieses Geld ausgegeben wird und wie es das Leben in einem der ärmsten Teile des Landes verändert", sagte Aziz. UN-Generalsekretär Kofi Annan hatte die Weltgemeinschaft zu einer "beispiellosen Reaktion auf eine beispiellose Katastrophe" aufgefordert.
Schwierigste Hilfsmission der UN
Zum Auftakt der Konferenz sagte Annan, wegen des schwer zugänglichen Gebiets sei eine der schwierigsten Hilfsmissionen nötig, die jemals unternommen worden seien. Die Weltbank erhöhte ihre Spendenzusage daraufhin auf eine Milliarde Dollar - genauso wie die Asiatische Entwicklungshilfebank. Die USA verdreifachten ihre Hilfe auf 510 Millionen Dollar. Saudi-Arabien versprach 573 Millionen, die Europäische Union 270 Millionen Dollar. Insgesamt kamen 5,8 Milliarden Dollar zusammen.
Die meisten Hilfeleistungen sind Kredite, keine Spenden legt langfristige Bürden auf
Vor Beginn der Konferenz hatte Pakistan um 5,2 Milliarden Dollar für den Wiederaufbau nach dem Erdbeben vom 8. Oktober gebeten. Der pakistanische Präsident Pervez Musharraf dankte der Weltgemeinschaft für ihre Unterstützung "in dieser Stunde der Not". Diese Geste werde niemals vergessen werden. Wie Aziz versprach auch er Transparenz bei der Verwendung der Mittel.
Die britische Hilfsorganisation Oxfam wies allerdings darauf hin, dass rund zwei Drittel der Zusagen aus Krediten und nicht aus Spenden bestünden. Dies könnte Pakistan und damit den Erdbebenopfern langfristig große Bürden auferlegen. Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) erklärte, der Wiederaufbau nach einer solchen Katastrophe konzentriere sich meist auf Straßen, Brücken, Schulen und Bürogebäude. Dabei dürfe jedoch nicht vergessen werden, dass viele Ernährer ihre Arbeit verloren hätten. Die ILO schlug vor, für den Wiederaufbau örtliche Unternehmen zu engagieren, auch wenn dies möglicherweise teurer sei.
Grenzübergang in Kaschmir für Personen geöffnet
Zum ersten Mal seit 58 Jahren wurde unterdessen in der umstrittenen Kaschmir-Provinz ein Grenzübergang für den Personenverkehr geöffnet. Aus pakistanischen Militärkreisen verlautete, 23 Zivilpersonen seien aus Indien nach Pakistan gekommen, Pakistaner hätten die Grenze jedoch nicht übertreten dürfen. Pakistan habe eine Liste mit 127 Personen vorgelegt, die in Indien Verwandte und Freunde besuchen wollten. Die indische Regierung habe dies jedoch nicht erlaubt. Ein indischer Grenzbeamter erklärte dazu, die Daten der Antragsteller würden aus Sicherheitsgründen noch überprüft.
Mehr als 87.000 Menschen kamen bisher ums Leben
Die Grenzöffnung wurde im Zuge des verheerenden Erdbebens vom 8. Oktober beschlossen, um eine schnellere Anlieferung von Hilfsgütern zu ermöglichen. Die Atommächte Indien und Pakistan beanspruchen die Kaschmir-Region beide für sich und haben seit ihrer Staatsgründung 1947 schon zwei Mal Krieg über das Himalaya-Gebiet geführt. Bei dem Erdbeben der Stärke 7,6 kamen mehr als 87.000 Menschen ums Leben. Drei Millionen wurden obdachlos; hunderttausende leben seitdem in Zeltlagern, und eine unbekannte Zahl ist völlig schutzlos der Kälte ausgeliefert.