Medizin-Entourage In ständiger Behandlung von Ärzten: Neuer Bericht schürt Zweifel an Wladimir Putins Gesundheit

Wladimir Putin oberkörperfrei in Sibirien
Kreml-Chef Wladimir Putin inszeniert sich gerne als starker Mann, wie hier im Sommer 2017 in Sibirien.  An seiner Gesundheit gibt es nach einem neuen Bericht aber Zweifel.
© Alexei Nikolsky/ / Picture Alliance
Wie steht es um die Gesundheit von Wladimir Putin? Ein Bericht eines russischen Investigativ-Projekts schürt Zweifel am Bild des starken Mannes. Eine mehrköpfige Medizin-Entourage soll den 69-Jährigen regelmäßig begleiten.

Die Inszenierung als starker Mann gehört zum Erscheinungsbild von Wladimir Putin. Bilder vom russischen Präsidenten, auf denen er oberkörperfrei reitet oder angelt, gingen um die Welt – ebenso wie die von Putin als harten Eishockeyspieler. Sie alle sollten das Bild eines gesunden Staatspräsidenten zeigen, doch ein neuer Bericht schürt Zweifel am Gesundheitszustand Putins.

Wie das russische Investigativportal "Projekt“"berichtet, gibt es schon seit Jahren immer wieder Anzeichen für massive gesundheitliche Probleme beim 69-Jährigen. Demnach begleiten Putin auf seinen Reisen seit 2016 immer mindestens fünf Ärzte, 2019 waren es im Durchschnitt sogar neun Ärzte. Zu der Gefolgschaft gehören unter anderem Putins Tochter Maria Worontsowa, die Medizin an der Moskauer Staatsuniversität studierte, sein Cousin und Chirurg Jewgeni Putin sowie Dimitri Werbow, einst am Moskauer Zentralkrankenhaus angestellt und mittlerweile Leiter für medizinische Angelegenheiten am Kreml.

Unterschiedliche Behandlungen bei Wladimir Putin

Dabei soll es sich um unterschiedliche Krankheiten beim russischen Präsidenten handeln, die teilweise auch operativ behandelt werden mussten und das Verschwinden Putins für einige Zeit erklären sollen. Für ihren Bericht werteten die Journalisten Verträge aus, die das russische Beschaffungswesen veröffentlicht hatte. Diese wurden zwischen verschiedenen Hotels in Sotschi und dem Moskauer Zentralkrankenhaus, das die Ärzte für den Präsidenten stellt, geschlossen. An der Schwarzmeerküste steht auch der Palast Putins, in den er sich regelmäßig zurückzieht.

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Aus diesen Dokumenten sei ersichtlich, dass die Ärzte zwischen 2016 und 2020 immer dann nach Sotschi reisten, wenn sich der Staatspräsident dort aufhielt. So auch im November 2016: Als Putin nach einem Treffen mit dem Schauspieler Steven Seagal für eine Woche von der Bildfläche verschwand, reisten am ersten Tag des Verschwindens gleich elf Ärzte aus Moskau nach Sotschi – neben Putins Leibärzten auch eine Gruppe aus Neurochirurgen, einer Krankenschwester und einem Physiotherapeuten. Es sei sehr wahrscheinlich, dass sich Putin "einer Operation oder einer sehr ernsten Behandlung" unterzogen habe, heißt es in dem Bericht.

Auch in den folgenden Jahren soll es laut dem Bericht immer wieder Besuche der Ärzte, darunter auch Wirbelsäulenspezialisten und einem Anästhesisten, gegeben haben. Dabei beschränkten sich die Behandlungen aber nicht nur auf den Rücken des Präsidenten. So sollen sich bei einem Besuch von Putin und dem belarussischen Präsidenten auf einer Skipiste in Sotschi zeitgleich ein Neurologe, ein Dermatologe, zwei HNO-Ärzte, ein onkologischer Chirurg und zwei Intensivpfleger in einem Hotel in Sotchi aufgehalten haben.

Experte für Schilddrüsenkrebs regelmäßig in Sotschi

Eine besondere Rolle spielt laut dem Bericht der onkologische Chirurg Ewgeni Seliwanow. Der Moskauer Arzt sei zwischen 2016 und 2020 35 Mal nach Sotschi geflogen und habe sich dort laut dem Bericht 166 Tage bei Putin aufgehalten. Seliwanow gilt als Spezialist für Schilddrüsenkrebs. Die Daten seiner Sotschi-Besuche decken sich mit den offiziellen Aufenthalten Putins an der Schwarzmeerküste sowie den Daten, an denen Putin verschwunden war. Nur die beiden HNO-Ärzte Igor Esakow und Alexei Scheglow hielten sich laut dem Bericht länger im Kreise Putins auf, letzterer soll sich an 282 Tagen in Sotschi aufgehalten haben, als auch Putin dort war.

Putin soll sich immer wieder Sorgen um seine Gesundheit machen. Die Rückenprobleme führen die Investiativjournalisten dabei auf eines von Putins Hobbys zurück. Der passionierte Reiter erzählte im Frühjahr 2021 selbst, dass er einst vom Pferd gestürzt sei. Laut der russischen Staatsagentur Tass sei er dabei aber weich auf Sägespäne gelandet. Wann sich der Sturz ereignete, erwähnte Putin damals aber nicht. Bereits 2012 soll Putin Rückenprobleme gehabt haben, der Kreml gibt aber generell keine Informationen über den Gesundheitszustand Putins heraus. Kreml-Sprecher Dmitri Peskov beschrieb die Gesundheit Putins im April 2020 laut Tass als "ausgezeichnet".

Putin setzt auch auf alternative Medizin

Der Kremlchef soll für seine Behandlungen auch auf alternative Medizin zurückgreifen. Laut dem Bericht nimmt Putin regelmäßig Hirschgeweih-Essenbäder. Dabei wird Hirschen im Frühjahr bei lebendigem Leib das Geweih abgeschnitten und Extrakt daraus für die Bäder verwendet. Die Bäder sollen gut für den Herz-Kreislauf sein und die Haut verjüngen, wissenschaftlich erwiesen ist dies jedoch nicht.

Dass Putin um die Gesundheit gerade in Corona-Zeiten besorgt ist, zeigt laut dem Bericht auch ein anderes Ereignis. Der 69-Jährige hatte sich während der Pandemie weitestgehend isoliert und nahm an vielen Meetings nur über eine Videoschalte teil. Besucher mussten sich vorab in eine zweiwöchige Quarantäne begeben. Als Putin wieder auf die Bildfläche zurückkehrte, traf er sich mit mehreren paralympischen Athleten und verkündete dort, dass er nun in Selbstisolation gehe, da er von zu vielen Personen umgeben sei, die an Corona erkrankt seien. Für mehr als zwei Wochen zog sich der Kremlchef zurück und veränderte sein Verhalten nach seiner Rückkehr. So trifft sich der 69-Jährige zwar öffentlich mit anderen Regierungschefs wie Emmanuel Macron oder Olaf Scholz, dies jedoch nur an einem mittlerweile berühmten sechs Meter langen weißen Tisch.  

Der russische Präsident Wladimir Putin hat sich mehrere Tage in der sibirischen Wildnis entspannt.
Der russische Präsident Wladimir Putin hat sich mehrere Tage in der sibirischen Wildnis beim Angeln entspannt.
© Kameraone
Wladimir Putin macht wieder Urlaub in der Wildnis – dieses Mal aber ohne Pferd

Sehen Sie im Video: Wladimir Putin macht wieder Urlaub in der Wildnis – dieses Mal aber ohne Pferd

Quellen: Projekt, Reuters, Tass