Rückenwind von Schwarz-Gelb in Berlin hatte sich Jürgen Rüttgers in den vergangenen Wochen erhofft, am Samstag erhielt der NRW-Ministerpräsident zumindest die nachdrückliche Unterstützung des schwarzen Teils der Bundesregierung. "Am Berg wechselt man die Pferde nicht", rief die Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel den Delegierten des Münsteraner CDU-Landesparteitags zu. Rüttgers habe wirtschaftlich schweren Zeiten erfolgreiche Arbeit in Düsseldorf geleistet, sagt sie. Und nach der NRW-Wahl am 9. Mai wünsche sie sich die Neuauflage einer CDU-FDP-Regierung unter Amtsinhaber Rüttgers mit einer "starken Christlich-Demokratischen Union".
Mit ihrem Münsteraner Parteitag läutete die nordrhein-westfälische CDU sieben Wochen vor der Wahl endgültig die heiße Phase des Wahlkampfs ein - einen Monat nach Bekanntwerden der Sponsoring-Affäre um das Angebot bezahlter Politikergespräche, die den damaligen Landesgeneralsekretär Hendrik Wüst das Amt kostete. In Münster wollte die Partei den Blick freilich weniger aufs eigene Innenleben richten, denn den politischen Gegner ins Visier nehmen. So knöpfte sich Rüttgers vor den knapp 600 Delegierten vor allem die SPD und deren Landeschefin Hannelore Kraft vor.
Wer am 9. Mai in Nordrhein-Westfalen die SPD wähle, sagte der CDU-Landeschef, wähle "nicht die alte Sozialdemokratie eines Johannes Rau", sondern vielmehr "das letzte Aufgebot der ehemals so stolzen nordrhein-westfälischen Sozialdemokratie". "Der wählt die Fußkranken des alten Regimes", griff der Ministerpräsident tief in die Wahlkampfkiste - knapp fünf Jahre, nachdem er bei der Wahl im Frühjahr 2005 die jahrzehntelange Vorherrschaft der SPD in deren Stammland beendet hatte. Die Erfolgsbilanz von Kraft jedenfalls passe "auf eine Briefmarke", wetterte Rüttgers über seine Herausfordererin, die vor dem Gang der SPD in die Opposition dem rot-grünen Landeskabinett in Düsseldorf angehört hatte.
Seine Angriffe auf die politische Konkurrenz garnierte der Düsseldorfer Regierungschef vor den Delegierten mit einer kräftigen Prise rheinischem Kapitalismus: Bei der Landtagswahl gehe es um die soziale Marktwirtschaft und deren Wiederbelebung, mahnte Rüttgers. Denn die CDU an Rhein und Ruhr sei bereits für eine Grundrevision von Hartz IV gewesen, als der damalige Vizekanzler Franz Müntefering noch jede Kritik als Majestätsbeleidigung gegeißelt habe. "Bring den Rüttgers zur Räson", habe damals Münteferings Aufforderung an Merkel gelautet, erinnerte sich Rüttgers in seiner Parteitagsrede mit süffisantem Lächeln.
Anders als die FDP habe die NRW-CDU auch zum Kündigungsschutz, zur Mitbestimmung und zum Tarifvertragsgesetz gestanden, betonte Rüttgers, der ob seiner Äußerungen zu Sozial- und Arbeitsmarktpolitik von seinen Kritikern schon einmal gerne als selbsternannter "Arbeiterführer" geschmäht wird. "Und warum haben wir gestanden? Weil hier bei uns an Rhein und Ruhr der Klassenkampf beendet worden ist und die soziale Partnerschaft eingeführt worden ist", stellte der CDU-Landeschef unter dem Beifall der Delegierten fest. "Da brauchen wir keine Neuauflage - weder von Marktradikalen noch von linken Staatsgläubigen."
Doch Rüttgers blies nicht nur zur Attacke auf den politischen Gegner - er nutzte die Parteitagsbühne und den Besuch der Kanzlerin und CDU-Chefin auch, um Spekulationen über angebliche Abgrenzungstendenzen der nordrhein-westfälischen CDU zur Bundespartei entgegenzutreten. Für den CDU-Wahlkampf an Rhein und Ruhr gelte das Motto "Bund und Land - Hand in Hand", versicherte Rüttgers - "damit das auch klar ist".