Schade. Es hätte TV-Geschichte werden können, das Gespräch zwischen Michael Buback und Peter-Jürgen Boock zwischen 21.45 und 22.15 Uhr vor den "Tagesthemen" in der ARD. Vermutlich hätte man die beiden Gesprächspartner allein lassen sollen - ohne Moderation (Volker Herres) und ohne Experten ("Spiegel"-Chefredakteur und Buchautor Stefan Aust). Dann hätte es was werden können. Denn nicht eine Sekunde lang hatte der Zuschauer den Eindruck, dass hier ein emotionaler Showdown stattfindet - der hier in der Tat hätte stattfinden können.
Taktisches Verhältnis zur Wahrheit
Ex-RAF-Terrorist Peter-Jürgen Boock, der vor allem wegen seiner Beteiligung an der Entführung und der Ermordung des Arbeitgeber-Präsidenten Hanns-Martin Schleyer im Herbst 1977 insgesamt 17 Jahre lang in Haft saß, hatte den Göttinger Professor Michael Buback telefonisch darüber informiert, dass nicht Christian Klar die Schüsse auf dessen Vater abgegeben habe, sondern ein anderer - der Ex-RAF-Terrorist Stefan Wisniewski. Worauf sich Buback öffentlich für eine Begnadigung Christian Klars ausgesprochen hatte.
Wer gehofft hatte, dass Boock nun in der NDR-Sendung genauer preisgibt, woher er seine Informationen hat, wurde enttäuscht. "Es ist mir schlicht erzählt worden", sagte Boock, der in der Szene "Karl May" genannt wurde und dem ein eher taktisches Verhältnis zur Wahrheit nachgesagt wird.
Auch Michael Buback scheint da noch seine Zweifel zu haben. "Ich bin nicht völlig überzeugt", gab er an und verwies auf mehrere Aussagen von Zeugen am damaligen Tatort, die eine Frau auf dem Sozius der Mord-Suzuki erkannt haben wollen. Er verstehe nicht, weshalb diese Aussagen nicht im Urteil berücksichtigt worden seien. Wenn er, so Buback, darauf keine Antwort bekomme, "bricht für mich eine Welt zusammen".
Ansonsten saßen die beiden Protagonisten zusammen und sahen sich kaum an. Michael Buback fing mehrmals seine Sätze an mit "Herr Boock hat mir gesagt, dass ..." - als befände sich der, von dem er sprach, gar nicht neben ihm im Studio. Schade, wie gesagt. Es hätte ein Highlight der deutschen Fernsehgeschichte werden können. So wurde es nicht mehr als ein trübes Funzel-Intermezzo aus einer Taschenlampe, deren Batterien am Ende waren.
Geschickt eingefädelte Marketing-Aktion?
PS: Böse Zungen behaupten, dass die Boock-Buback-Nummer und die anschließende öffentliche Debatte eine geschickt eingefädelte Marketing-Aktion sein könnte. Der "Spiegel", offenbar schon seit längerem mit Boock im Buback-Gespräch, erschien jüngst mit dem Thema auf seinem Titel. Stefan Aust, Autor des Standardwerks "Der Baader-Meinhof-Komplex", bereitet den Baader-Meinhof-Stoff derzeit mit Produzent Bernd Eichinger zu einem Kinofilm auf. So verwundert es nicht, dass im Abspann als Mitarbeiter der Sendung auch ein "Spiegel"-Redakteur genannt wurde.