Abfuhr für Brüderle-Vorstoß Bundesregierung steht zur Rentengarantie

Regierungssprecher Ulrich Wilhelm hat den Vorschlag von FDP-Wirtschaftsminister Rainer Brüderle, die Rentengarantie abzuschaffen, als rein "persönliche Überzeugung" bezeichnet.

Die Bundesregierung hat einen Vorstoß von Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) zur Abschaffung der Rentengarantie abgewiesen. Die Forderung stehe "nicht auf der Agenda der Bundesregierung", sagte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm am Montag in Berlin. Brüderle stieß mit seinem Vorschlag, den 2009 beschlossenen Mechanismus gegen sinkende Rentenzahlungen wieder abzuschaffen, auch auf Kritik in den eigenen Reihen.

Brüderle sagte der "Rheinischen Post" vom Montag, er sei der Meinung, "dass wir von der Rentengarantie wieder abkommen und zu den normalen Mechanismen bei der Rentenanpassung zurückkehren sollten". Es werde nicht dauerhaft funktionieren, die Rentenentwicklung von der Lohnentwicklung abzukoppeln. Eine Rentengarantie passe grundsätzlich nicht in ein ordnungspolitisches Konzept, betonte der Minister. Er fügte mit Blick auf die von der großen Koalition eingeführte Rentengarantie hinzu: "Die Politik schaut zu sehr auf Stimmungen statt auf Prinzipien."

Die Rentengarantie bedeutet, dass die Renten auch dann nicht sinken, wenn sie dies wegen eines Rückgangs bei den anpassungsrelevanten Löhnen eigentlich müssten. Zum Ausgleich werden Rentenerhöhungen in der Zukunft verringert. In diesem Jahr wirkt die Rentengarantie erstmals: Für die rund 20 Millionen Rentner in Deutschland gilt seit 1. Juli eine Nullrunde. Ohne die Rentengarantie wären in Westdeutschland die Altersbezüge um rund ein Prozent gesunken. Grund dafür ist die Rezession in Folge der Finanzkrise: Die Kurzarbeit stieg stark an und damit sank das Lohnniveau, an das die Renten gekoppelt sind.

Regierungssprecher Wilhelm sagte, die Entscheidung der großen Koalition zur Einführung einer solchen Rentengarantie habe sich "in der Krise bewährt". Der Vorstoß Brüderles entspringe dessen "persönlicher Überzeugung".

Auch Politiker der Koalitionsfraktionen distanzierten sich: "Ich halte nichts davon, jetzt die Pferde scheu zu machen", sagte der FDP-Sozialpolitiker Heinrich Kolb dem "Handelsblatt" vom Dienstag. Der CDU-Abgeordnete Peter Weiß nannte die von Brüderle angestoßene Debatte auf "Handelsblatt Online" "überflüssig wie ein Kropf".

Die Opposition reagierte empört. SPD-Vize Olaf Scholz, der die Rentengarantie als früherer Bundesarbeitsminister auf den Weg gebracht hatte, verteidigte diese als "vernünftig und finanzierbar". SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles warf Brüderle vor, die Rentner "in wenigen Stunden" verunsichert zu haben. Die Linke wertete den Vorstoß als Teil des "Sommertheaters". Eine Abschaffung der Rentengarantie bedeute Rentenkürzungen und damit mehr Altersarmut, erklärte der Rentenexperte der Linksfraktion, Matthias Birkwald.

Der Sozialverband VdK kündigte "erheblichen Widerstand" gegen eine mögliche Abschaffung der Rentengarantie an. Präsidentin Ulrike Mascher erklärte, die Rentner in Deutschland hätten in den vergangenen Jahren bereits "erhebliche Kaufkraftverluste" hinnehmen müssen. Die Rente sei zudem "kein sozialpolitischer Gnadenakt des Staates", sondern der Lohn für jahrzehntelanges Beitragszahlen.

Unterstützung bekam Brüderle dagegen vom arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln. Wenn die Regierung die Beitragssätze tatsächlich bis 2020 unter 20 Prozent halten wolle, müsse die Garantie abgeschafft werden, sagte der IW-Experte Jochen Pimpertz in Interviews. Auch der Bund der Steuerzahler nannte auf "Handelsblatt Online" den Vorstoß Brüderles richtig.

AFP
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